Beim nationalen Betonkanuwettbewerb für Bauingenieurstudent:innen der American Society of Civil Engineers (ASCE) im Juni 2023 erreichte das Team der Youngstown State University insgesamt den zweiten Platz und in der Kategorie finaler „Produktprototyp“ sogar den ersten Platz. Morgan Scott und Elizabeth Williams, zwei Mitglieder des Teams, haben Built erzählt, welche Materialien ihr Betonkanu im Jurastil so nachhaltig machen und warum sie an dem Wettbewerb teilgenommen haben.
Die älteste Ingenieurgesellschaft in den USA – ASCE – veranstaltet jährlich einen Wettbewerb, bei dem Studierende handfeste Erfahrungen sammeln, ihre praktischen Fähigkeiten mit Betonmischungen austesten und verschiedene Projektmanagementstile anwenden können. Student:innen müssen Teams bilden, einen Projektentwurf entwickeln, Materialien und Betonmischungen ausprobieren, das Betonkanu von Hand formen und ihre Ergebnisse vor einem Panel aus Jury und Mitstudierenden präsentieren sowie die Strapazierfähigkeit des Kanus unter Beweis stellen. Dieses Jahr sponserte Bluebeam den Wettbewerb und konnte miterleben, wie Hunderte Student:innen im Laufe der letzten neun Monate ihre Kanus gebaut haben.
Das Team der Youngstown State University trat dieses Jahr äußerst vorbereitet auf, da es dank der Vorarbeit ehemaliger Teams über eine lange Liste an Betonrezepten verfügte. Der Prozess beginnt jedes Jahr mit Experimenten. Über Monate hinweg testen die Teams verschiedene Betonmischungen auf Dichte und Beständigkeit. Dieses Jahr stellten sich die Teams aber noch einer weiteren Herausforderung: Nachhaltigkeit. Das Youngstown-Team hat dank seines nachhaltigen Ansatzes bei der Betonmischung viel Aufmerksamkeit erregt. Das entwickelte Rezept kann künftig hoffentlich auch auf der Baustelle eingesetzt werden.
Die ASCE fordert Teilnehmende dazu auf, innovativ zu denken, indem sie vorschreibt, dass die Projekte auf sogenannten „Säulen der Nachhaltigkeit“ basieren müssen. Student:innen müssen bewerten, wie nachhaltig die von ihnen verwendeten Materialien oder Techniken aus sozialer, wirtschaftlicher oder umweltbezogener Sicht sind. Außerdem müssen sie einschätzen, ob ihr nachhaltiger Ansatz direkte oder indirekte Auswirkungen auf die von ihnen ausgewählte Säule hat.
Bei der Betonherstellung gibt es nur wenige nachhaltige Optionen. Während ein anderes Team Schmelzwasser für seine Betonmischung verwendete, beschloss das Youngstown-Team, eine komplett zementfreie Betonmischung anzusetzen.
Patrick Raistrick, ein Mitglied der Wettbewerbsjury, hob in seinem Kommentar zur Präsentation des Youngstown-Teams die innovative Mischung hervor. „Diese Studenten haben Zementforschung auf Doktorandenebene betrieben. Das war wirklich beeindruckend. Ich wollte mehr wissen“, so Raistrick. „Es gibt in jedem Bereich, nicht nur im Bauingenieurwesen, Innovationsphasen, während derer das Wachstum und der Wandel sehr schnell voranschreiten.
Es gibt aber auch Iterationsphasen, während derer Prozesse hinsichtlich ihrer Performance verbessert oder erwünschte Ergebnisse optimiert werden. Eine Betonmischung, die leicht, beständig und ästhetisch ansprechend ist und keinen Portlandzement als Bindemittel enthält, ist eine enorme Innovation, auf die das Team sehr stolz sein kann“, fügte er hinzu.
Dank des Betonkanuwettbewerbs der ASCE und ähnlichen Gelegenheiten haben Student:innen die Möglichkeit, die an der Universität erworbenen Fähigkeiten in der Praxis anzuwenden. Studierende müssen bei der Herstellung ihres Betonkanus nicht nur verschiedene Anforderungen erfüllen, sondern ihre Materialien auch auf innovative Weise nutzen und kreative Entwürfe entwickeln.
Williams meint: „Welche Lösung wäre innovativ? Welche Lösung wäre nachhaltig? Welche Lösung wäre neu?“ Bei Wettbewerben wie dem Betonkanuwettbewerb der ASCE zählen Innovation und Nachhaltigkeit zu den Leidenschaften der Teilnehmenden. Die Nachwuchsgenerationen erachten Nachhaltigkeit als einen zentralen Aspekt ihrer Projektentwürfe und experimentieren mit neuen Materialien und Techniken, um umweltverträglich zu gestalten.
„An der Universität lernen wir, wie Ingenieure zu denken“, erklärt Scott. Aber wie können wir als Branchenexpert:innen garantieren, dass die nächste Generation angemessen auf den Beruf vorbereitet ist? Chancen wie der Betonkanuwettbewerb der ASCE helfen dabei, unseren Nachwuchs mithilfe von handfesten Erfahrungen und der Entwicklung neuer Soft Skills, die an der Universität vielleicht keinen Raum haben, an die Praxis heranzuführen.
Williams sprach außerdem über die Fähigkeiten, die sie sich zu ihrer Überraschung während der zwei Jahre, in denen sie am Wettbewerb teilnahm, aneignete. „Vorträge zu halten, einen Bericht zu schreiben, vor einer Jury zu sprechen … oder auch Aufgaben, die ich eigentlich selbst erledigen wollte, einfach den Mitgliedern meines Teams anzuvertrauen“, berichtet sie. Führungsqualitäten, Arbeiten im Team und offene Kommunikationsstrategien sind einige Beispiele für die Soft Skills, die Studierende im Rahmen dieser nationalen Wettbewerbe erwerben.
Das Youngstown-Team stach auch wegen des Jurastils seines Kanus hervor. Ein Mitglied des Teams entwickelte das Designkonzept: Meteoriten und Dinosaurier. Das Verschwinden des Zements aus der Betonmischung soll durch das Aussterben der Dinosaurier symbolisiert werden. Dadurch konnte das Team mit seiner Arbeit kreativ werden. Williams zufolge schätzten die Teammitglieder dies allesamt. Die ASCE hat bereits das Bewerbungsverfahren für 2024 eingeleitet. Für Williams und Scott wird das der letzte Wettbewerb sein. Wir wissen noch nicht, welcher nachhaltige Durchbruch als nächstes gelingen wird, aber wir können uns sicher sein, dass die Zukunft der Innovations- und Nachhaltigkeitsbestrebungen in der AECO-Branche (Planung, Bau und Betrieb) in guten Händen ist.