Ist eine fossilfreie Baustelle möglich?

Für eine emissionsfreie Baustelle, auf der keine fossilen Brennstoffe verbraucht werden, muss das Baugewerbe einen emissionsfreien Fuhrpark an Baufahrzeugen aufbauen. Das ist nicht so schwierig, wie es zunächst klingt.

Zu Thanksgiving im vergangenen Jahr lud meine Mutter unsere Familie ein. Für uns bedeutete das eine Reise in meinen Heimatort in Texas. Die Mietwagenfirma bot mir in Austin ein Elektrofahrzeug an und ich war begeistert. Aber nachdem ich ein bisschen (okay, mehr als ein bisschen) zu schnell und bei kaltem Wetter gefahren war, war die Reichweite von 280 Meilen (451 Kilometern) nach 142 Meilen (229 Kilometern) fast ausgeschöpft. Und in meiner Heimatstadt gibt es keine Infrastruktur für Elektrofahrzeuge. Keine einzige öffentliche Ladestation. Also schloss ich es an die Steckdose an und hatte 36 Stunden später genug Strom, um zurück nach Austin zu fahren. Natürlich habe ich über diesen Vorfall auch im Zusammenhang mit dem Baugewerbe nachgedacht und mich gefragt, welche besseren umweltfreundlichen Methoden es gibt, mit denen sich die ganztägige Nutzung bewältigen lässt. Besonders neugierig machte mich der Wasserstoff.

Stellen Sie sich eine Baustelle ohne fossile Brennstoffe vor – eine Baustelle, auf der keine fossilen Brennstoffe auf petrochemischer Basis verbraucht werden und auf der keine Emissionen entstehen. Lassen wir den Energiebedarf der Fahrzeuge außer Acht, für deren Erzeugung je nach Standort immer noch fossile Brennstoffe benötigt werden, und konzentrieren wir uns hier auf die Emissionen auf der Baustelle.

Ist ein „Null-Emissions-Ziel“ realistisch erreichbar? Tatsächlich ist dies nicht nur möglich, sondern bereits heute realisierbar – für diejenigen, die bereit sind, die Investition zu tätigen und neue Verfahren auf ihrer nächsten Baustelle zu testen.

Für eine emissionsfreie Baustelle, auf der keine fossilen Brennstoffe verbraucht werden, müssen wir einen emissionsfreien Fuhrpark an Baufahrzeugen aufbauen. Das ist nicht so schwierig, wie es zunächst klingt. Für diejenigen, die den Sprung wagen möchten, gibt es bereits Optionen: Elektrobatterien oder wasserstoffbetriebene Ausrüstung.

Batteriebetriebene Maschinen sind eine großartige Option mit einer potenziellen Reichweite pro Ladung oder Auftankung, die der von Benzin oder Diesel entspricht oder sogar darüber liegt. Der Nachteil: Diese Technologien benötigen bei Verwendung einer Hochspannungsquelle 2–8 Stunden zum Aufladen, was zu Ineffizienzen und Stillstandszeiten bei Projekten führt. Wasserstoff hingegen bietet die gleiche Reichweite wie batteriebetriebene Maschinen, ohne die mit dem Tanken verbundenen Wartezeiten.

Die langfristigen Einsparungen, die sich mit diesen Technologien erzielen lassen, können die anfänglichen Kosten für die Umstellung von Benzin- oder Dieselmaschinen leicht ausgleichen und gleichzeitig einen Beitrag zum Verzicht auf fossile Brennstoffe auf der Baustelle leisten.

Es ist auch möglich, bestehende Benzin- oder Dieselmaschinen mit minimalem Umbau auf Wasserstoff umzurüsten. Dies kann durch den Einbau eines Wasserstoffverbrennungsmotors erreicht werden, der ähnlich wie ein herkömmlicher Verbrennungsmotor funktioniert, wobei die Zylinder komprimiertes Wasserstoffgas statt Benzin oder Diesel pumpen. Wie bei einem herkömmlichen Verbrennungsmotor entzündet ein Funke das Wasserstoffgas und erzeugt so Energie für den Antrieb der Maschinen. Häufig ist dies eine kostengünstigere und einfachere Möglichkeit, den Verbrauch fossiler Brennstoffe auf der Baustelle zu reduzieren.

Eine Herausforderung bei der Verbrennung von Wasserstoff in Verbrennungsmotoren ist jedoch die Möglichkeit, dass Schadstoffemissionen wie Stickstoffoxide (NOx) und Feinstaub entstehen. Diese beeinträchtigen die menschliche Gesundheit – laut GeoHealth ließen sich durch die Beseitigung von Schadstoffemissionen aus energiebezogenen Aktivitäten, einschließlich des Bauwesens, in den USA mehr als 50.000 Todesfälle pro Jahr verhindern. Aus diesem Grund gibt es immer strengere gesetzliche Bestimmungen zu diesen Motoren. Eine Möglichkeit zur Verringerung der erzeugten Stickstoffoxide besteht darin, die Luftmenge in der Verbrennungskammer zu erhöhen, was jedoch zu einer Verringerung des Wirkungsgrads führt. Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen Motor zu wählen, der die Verbrennungsreaktion komplett ohne „Flamme“ ablaufen lässt. Da sich die betreffenden Schadstoffe in der Nähe einer Flamme bilden, können sie auf diese Weise äußerst wirksam vermieden werden.

Wasserstoff-Brennstoffzellen verwenden einen Katalysator, um durch eine chemische Reaktion Strom zu erzeugen. Bei dieser Methode befindet sich der Wasserstoff in einer Brennstoffzelle an der Maschine selbst und wird über einen negativen Elektrodenanschluss mit Strom versorgt: Der Wasserstoff wird zwischen einem Elektrolyten und einem weiteren positiven Elektrodenanschluss hindurchgeleitet. Dadurch wird eine chemische Reaktion ausgelöst, die zu einer kontinuierlichen Zuführung von Strom zu den Batterien führt. Natürlich erscheint dies als die beste Option, da kontinuierlich Energie erzeugt wird, aber die Umsetzung ist komplizierter und teurer.

Andere Lösungen nutzen eine flammenlose Verbrennungsreaktion zur Erzeugung von Strom aus Brennstoffen. Diese Technologie kann brennstoffunabhängig funktionieren und verwendet eine flammenlose Verbrennungstechnologie, bei der mithilfe von Hochtemperatur-Abgaswärmerückgewinnung auf Knopfdruck schadstofffreie Energie aus jedem Brennstoff gewonnen werden kann. Da Wasserstoff nur eine Option für fossilfreie Brennstoffe ist, können Bauunternehmer mit diesem Ansatz jeweils denjenigen erneuerbaren Brennstoff nutzen, der zu einem bestimmten Zeitpunkt am kostengünstigsten und am ehesten verfügbar ist.

Es ist wichtig, die Gewinnspannen vor dramatischen Schwankungen zu schützen. In diesem Sinne muss im Zuge der Umstellung der Energieversorgung sowohl tages- und projektabhängig ein Gleichgewicht zwischen Nachhaltigkeit und Kosten gefunden werden. Das bedeutet, dass Baustellen bereits heute brennstoffunabhängige Generatoren in großem Umfang einsetzen können und sofort von einer Verringerung des Kohlenstoffausstoßes und der Schadstoffemissionen profitieren, was wiederum den Baustellenteams, der Umwelt und der örtlichen Gemeinde zugute kommt. Dies bietet eine Alternative und einen risikoarmen Ausgangspunkt für den Weg hin zu einer Baustelle ohne fossile Brennstoffe.

Welche anderen Nachteile hat die Verwendung von Wasserstoff als Energiequelle? Das größte Manko besteht im Bereich der Sicherheit. Wasserstoff hat eine kleine Molekülgröße. Wenn er also durch Feststoffe austritt und sich mit Luft vermischt, kann er explosiv sein, ähnlich wie Benzin oder Diesel. Da er darüber hinaus nicht in der Natur vorkommt, muss er aus fossilen Brennstoffen gewonnen und komprimiert werden. Erst dann kann er für eine chemische Reaktion verwendet werden, bei der Energie in Elektrizität umgewandelt wird, mit der die Elektromotoren der Baumaschinen betrieben werden.


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Die Tankinfrastruktur ist entscheidend für die Sicherheit von Wasserstoff und der Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie. OEMs müssen Platz für Wasserstofftanks schaffen, da diese größer sind als Tanks für Benzin oder Diesel. Der wesentlich größere Platzbedarf für die Wasserstoffspeicher stellt eine Herausforderung im Hinblick auf die Energiesicherheit dar.

Während ein 1.000-Liter-Dieseltankwagen Strom für drei bis vier Wochen liefert, reicht die gleiche Menge an Wasserstoff für nur zwei bis drei Tage. Zu bedenken ist auch, dass die Lieferkette im Vergleich zu Diesel wesentlich weniger ausgereift und mit größeren Unsicherheiten behaftet ist. Für Unternehmen bringt die Umstellung auf Wasserstoff damit ein deutlich höheres Risiko von Projektverzögerungen mit sich. In der Folge werden Bußzahlungen fällig, die sich auf die ohnehin schon geringen Gewinnspannen auswirken.

Die Intaktheit von Lagertanks ist aufgrund der Flüchtigkeit von Wasserstoff von entscheidender Bedeutung. Ohne entsprechende Planung und Wartung könnte ein Leck unserer Umwelt erheblich mehr schaden als nutzen. Kurzfristig hätte ein Wasserstoffleck ein 33‑mal höheres Erderwärmungspotenzial als Kohlenstoffdioxid. Selbst mit den besten Absichten würde uns das in unseren Bemühungen noch weiter zurückwerfen. Allerdings verbleibt Kohlenstoffdioxid länger in der Atmosphäre als Wasserstoff, was bedeutet, dass die langfristigen Auswirkungen traditioneller Technologien potenziell schwerwiegender sind. Aus diesen Gründen muss das Hauptaugenmerk auf den Einsatz sorgfältig ausgearbeiteter Systeme für die Erzeugung, den Vertrieb und die Nutzung von Wasserstoff gerichtet werden. 

Wie bereits erwähnt sind bei der Herstellung von Wasserstoff fossile Brennstoffe, in der Regel Erdgas, erforderlich. Somit stellt sich die Frage, ob diese Emissionen durch die Einsparungen bei der Verwendung ausgeglichen werden können. Im schlimmsten Fall entsteht aufgrund der Konstruktionsweise von Brennstoffzellen und der Logistik, die mit der Komprimierung, dem Transport und der anschließenden Verbrennung oder Umwandlung von Wasserstoff in Elektrizität in einer Brennstoffzelle verbunden ist, ein größerer ökologischer Fußabdruck als bei der Nutzung von mit Erdgas erzeugtem Strom.

Ziel ist es zwar, Wasserstoff mit überschüssigem Ökostrom aus Wind- und Sonnenenergie zu erzeugen, allerdings werden derzeit nur etwa 44 % des gesamten britischen Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt. Wir haben also noch einen weiten Weg vor uns, um diese Infrastruktur ausreichend zu skalieren und die nötige Menge an grünem Wasserstoff zu produzieren, um allein die im Baugewerbe verwendete Dieselmenge zu ersetzen. Wir müssen den gesamten Lebenszyklus der Wasserstofferzeugung berücksichtigen, um sicherzustellen, dass der Übergang zu mit Wasserstoff erzeugtem Strom nicht zu einem größeren ökologischen Fußabdruck führt.

Gibt es Unternehmen, die sich auf die Entwicklung der Infrastruktur und der Maschinen konzentrieren, die für die Einführung eines emissionsfreien Fuhrparks an Baumaschinen erforderlich sind? Auf jeden Fall, und ich konnte Anfang dieses Jahres auf der ConExpo 2023 einige dieser Maschinen mit eigenen Augen sehen. Im Folgenden stelle ich einige Entwickler von innovativen Wasserstoff- und Elektromaschinen vor, die Sie für Ihren emissionsfreien Fuhrpark an Baumaschinen nutzen können:

Bulldozer:

Caterpillar: Bietet Cat®-Generatorsätze an, die auf auftragsbezogener Basis mit 100 % Wasserstoff betrieben werden können, einschließlich vollständig erneuerbarem grünem Wasserstoff. 

Betonpumpen und Betonfertiger:

Tomahawk: Fertigt batteriebetriebene vibrierende Rüttelbohlen für Beton.

Kräne

Mi-Jack: Stellt wasserstoffbetriebene Gummireifen-Portalkräne her.

Bagger:

JCB: Hat den ersten wasserstoffbetriebenen Bagger im Baugewerbe entwickelt.

Hyundai: Hat den Prototyp eines Mobilbaggers mit Wasserstoff-Brennstoffzelle gefertigt.

Generatoren:

IPG Energy: Stellt brennstoffunabhängige flammenlose Verbrennungstechnologie her – ein Generatorprodukt, das eine flammenlose Verbrennungsreaktion nutzt, um Strom aus Brennstoffen zu erzeugen, und so sauberen, bedarfsgerechten Strom aus jedem Brennstoff, einschließlich Wasserstoff, liefert.

Gabelstapler:

Toyota: Produziert Gabelstapler mit Wasserstoff-Brennstoffzelle.

Teleskoplader:

Manitou: Hat einen Prototyp eines Wasserstoff-Teleskopladers entwickelt.

LKW (Muldenkipper und Mischer):

Sany: Produziert Muldenkipper und Fahrmischer mit Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb.

Volvo CE: Hat einen knickgelenkten Muldenkipper/Schlepper mit Wasserstoff-Brennstoffzelle entwickelt.

Die Reduzierung unserer Kohlenstoffemissionen auf der Baustelle ist nicht nur gut für unseren Planeten, sondern sorgt auch für eine sauberere und sicherere Umgebung für die Beschäftigten auf den Baustellen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um die benötigten Talente und Arbeitskräfte anzuziehen, an denen es derzeit mangelt. Unsere nächste Generation von Talenten legt großen Wert darauf, dass die Unternehmen innovativ sind und proaktiv Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ergreifen.

Eine Baustelle, auf der keine fossilen Brennstoffe verbraucht werden, ist durch einen elektrisch oder mit Wasserstoff betriebenen Fuhrpark an Baumaschinen möglich, und viele OEM-Unternehmen ebnen dem Baugewerbe bereits den Weg zu einer spürbaren Verringerung des ökologischen Fußabdrucks.

Wer möchte diese fossilfreie Baustelle ausprobieren?

Hinweis: Wir danken IPG Energy für die Unterstützung bei diesem Artikel.

Matt Wheelis ist Senior Vice President of Strategy der Abteilung „Build & Construct“ der Nemetschek Group, dem Mutterunternehmen von Bluebeam.