Illustration von Lil Chan
Grüne Dächer haben äußerst positive Auswirkungen auf die Umwelt, da sie für Begrünung, Entwässerung und Bewässerung sorgen. Sie nehmen Regenwasser auf und verhindern auf diese Weise Überschwemmungen und Wasserverschmutzung. Sie regulieren die Temperatur des darunterliegenden Gebäudes, wodurch sich Energie einsparen lässt. Sie brechen Wärmeinseln in Stadtgebieten mit viel Beton und Asphalt auf. Sie bieten sogar Vögeln und Bestäuberinsekten einen Lebensraum.
Leider haben Gründächer aber einen großen Nachteil: Die anfänglichen Kosten sind wesentlich höher als bei üblichen Dächern. Aufgrund dieser Zusatzkosten entscheiden sich Stadtverwaltungen, Universitäten und Bauunternehmen oft gegen den Bau solcher grünen Dächer.
Einige Städte haben Konzepte entwickelt, mit denen sich die höheren Kosten rechtfertigen lassen: Gründächer werden so gestaltet, dass sie weitere signifikante Vorteile für die Öffentlichkeit bieten.
Ein ausgezeichnetes Beispiel hierfür ist die Dachbepflanzung des Columbus Commons in der Innenstadt von Columbus im US-Bundesstaat Ohio, das 2012 fertiggestellt wurde. Das 20-Millionen-Dollar-Projekt umfasst eine Tiefgarage, deren Dach Teil eines ca. 2,4 Hektar großen öffentlichen Parks mit verschiedenen Einrichtungen und einer weitläufigen Grünfläche ist.
Bei den beiden Projektentwicklern Columbus Downtown Development Corporation (CDDC) und Capitol South Community Urban Redevelopment Corporation (Capitol South) handelt es sich jeweils um private gemeinnützige Bauunternehmen. The Georgetown Company fungierte bei dem Projekt als Development Manager. Zum Konstruktionsteam gehörten Corna Kokosing (Bauleitung), Moody Nolan (Architekten) und die EDGE Group (Landschaftsarchitekten).
Einst ein beliebtes Einkaufszentrum
Früher stand auf dem Gelände die City Center Mall. Nachdem es lange Besucher und Bewohner des Stadtteils anzogen hatte, war das Einkaufszentrum irgendwann veraltet und stand am Ende leer. Die CDDC und Capitol South schlossen sich zusammen, um der Gegend neues Leben einzuhauchen.
Unterhalb der Mall befand sich eine Tiefgarage mit 650 Parkplätzen. Diese Parkmöglichkeiten sind von großer Bedeutung für die Besucher des Center of Science and Industry (COSI) und anderen nahegelegenen Gebäuden, weshalb sie erhalten bleiben sollten.
Die größte Herausforderung des Projekts bestand darin, „das Einkaufszentrum abzureißen und gleichzeitig die Tiefgarage offen zu lassen“, so Jay Boone, Mitglied des American Institute of Architects (AIA) und Projektmanager bei Moody Nolan, der für das Projekt Columbus Commons zuständig war. „Die Tiefgarage musste ungefähr eineinhalb Jahre voll einsatzbereit sein.“
Greg Briya, ebenfalls für Moody Nolan tätig, arbeitete als Architekt an dem Projekt. „Wir entwickelten ein schrittweises Logistikkonzept, das reibungslos umgesetzt wurde, um stets alle Ausgänge der Tiefgarage freizuhalten“, erklärt er. „Auf der Parkebene der Baustelle wurden zusätzliche Absperrungen und geschützte, überdachte Wege errichtet.“
„Während der Bauarbeiten mussten wir den Großteil der Garage abstützen“, fügt Briya hinzu. „Die Belüftung der Tiefgarage wurde vertikal angelegt, was einen Einfluss auf die Konstruktion hatte. Dadurch gab es weniger Flexibilität bei der Gestaltung. Die vorhandenen Treppenausgänge und Abluftschächte, die die verschiedenen Ebenen der Tiefgarage miteinander verbanden, mussten an ihrem ursprünglichen Platz bleiben und durch den Park nach außen geführt werden, um immense Kosten, Verzögerungen im Zeitplan und einen Verlust von Parkplätzen zu vermeiden.“
„Als Architektenteam mussten wir sie so in die Parkgestaltung einbinden, als wäre alles von Anfang an geplant gewesen“, berichtet Briya weiter. „[Es war eine schwierige Aufgabe,] die Autos und Fußgänger während der Bauphase stets zu schützen.“
Briya weist darauf hin, dass auf dem Garagendach zusätzlich eine ca. 7,6 cm dicke, robuste Isolierung und eine ca. 23 cm starke Deckenplatte aus Beton verlegt wurden. Die Bäume, die direkt über dem Dach wachsen sollen, wurden in erhöhte Pflanzkübel eingepflanzt, damit sie genügend Erde zum Wachsen haben. Sie wurden gemeinsam mit großen Blumenbeeten direkt über den vorhandenen Stützpfeilern der Tiefgarage platziert.
Dazu, wie die Baustelle die Projektgestaltung beeinflusst hat, meint Briya im Rückblick: „Unser Architektenteam hat schon sehr früh entschieden, das Gebäude des Ohio Theatre als Kulisse für die Hauptbühne zu verwenden. Daran hat sich die übrige Ausrichtung des Parks orientiert. Diese unmittelbare Nähe ermöglichte eine direkte Verbindung von der Bühne mit den Nebenräumen und dem Ladezugang. Die umliegenden Straßen und Gehwege wurden genutzt, um Verbindungswege und Zugänge zum Park zu schaffen.“
Unterhaltung für Kinder und Erwachsene
Zum Park gehören auch ein Kinderspielplatz und ein handgeschnitztes Karussell mit 20 Plätzen. Das Franklin Park Conservatory hat die 12 verschiedenen Gärten gestaltet und kümmert sich um sie. Es gibt einen Schmetterlings- und Bestäubergarten, einen Lesegarten und einen Steppengarten für heimische Pflanzen. Essensstände, Bocciabahnen, Kickballplätze, Yogaflächen und Filmvorführungen runden das Angebot ab.
An einem Ende des Parks befindet sich der hochmoderne Columbus Bicentennial Pavilion, eine feste Bühne für 5 Millionen US-Dollar, auf der jedes Jahr zahlreiche Konzerte und Shows stattfinden.
Boone sagt, dass Columbus Commons „zum besten Park in Columbus geworden ist. Es ist der meistbesuchte Ort in der Innenstadt von Columbus und es finden das ganze Jahr über Veranstaltungen statt. Hier werden Yogakurse veranstaltet, Rennen gestartet und beendet und viele Konzerte gespielt. Allerdings nicht in diesem Jahr.“
Briya stimmt ihm zu. „Der Park hat wieder Leben in diesen zentralen Bereich der Stadt gebracht“, erklärt er.
Die übrigen 1,2 Hektar des Geländes waren für Wohnhäuser und die gewerbliche Nutzung vorgesehen. Das 50 Millionen US-Dollar teure private Investitionsprojekt Highpoint On Columbus Commons wurde ebenfalls von Moody Nolan entworfen und 2014 fertiggestellt. Im Erdgeschoss der zwei sechsstöckigen Gebäude befinden sich gewerbliche Flächen, die oberen Etagen beherbergen Wohnungen.
Weitere Projekte, bei denen Tiefgaragendächer in grüne Oasen für die Öffentlichkeit verwandelt wurden, sind der Public Square in Nashville, der Millennium Park in Chicago und der Blossom Plaza in Los Angeles. Am Pomona College und an der University of California in Berkeley fungieren Sportplätze teilweise als grüne Dächer von Tiefgaragen.
„Die Materialien, die zum Errichten eines Gründachs benötigt werden, sind teurer und der Bau ist auch aufwändiger. Das Tragwerk muss ebenfalls verstärkt werden, um das größere Gewicht stemmen zu können. Die Kosten, die vorab investiert werden müssen, sind höher, aber überraschenderweise gleichen sie sich mit der Zeit aus, da traditionelle Dächer auf lange Sicht häufiger gewartet werden müssen“, so Briya.