Wer ein neu gebautes Haus oder eine neu gebaute Wohnung kauft, kann mit Recht davon ausgehen, ein Objekt in makellosem Zustand erstanden zu haben. Schließlich handelt es sich um eine der größten finanziellen Investitionen, die viele in ihrem Leben tätigen. Wenn allerdings erst beim Einzug Mängel entdeckt werden, die in Eigenregie beseitigt werden müssen, sorgt das berechtigterweise für Unmut.
Personen, die ein neues Haus oder eine neue Wohnung kaufen, sind in den meisten Fällen mit ihrem Kauf und dem Kundenservice zufrieden. In der jüngsten Zufriedenheitsumfrage des britischen Wirtschaftsverbands „Home Builders Federation“ gaben 91 % der Befragten an, dass sie das Bauunternehmen ihres neuen Eigenheims weiterempfehlen würden, während mehr als 81 % mit dem geleisteten Service des Unternehmens nach dem Einzug zufrieden oder mehr als zufrieden gewesen seien.
Gleichzeitig meldeten 94 % der Befragten dem Bauträger ein Problem, das sie im neu erbauten Objekt entdeckt hätten. Im Rahmen der Erstellung von Mängellisten werden Fehler am Bauwerk identifiziert, die in der Regel ästhetischer Natur sind, manchmal aber auch mit der Funktionalität des Gebäudes in Zusammenhang stehen.
Welche Mängel können auftreten?
Mängel umfassen beispielsweise ein nicht korrekt eingebautes Fenster, eine Küchenschranktür, die sich nicht richtig schließen lässt, beschädigte Bodenfliesen oder ein undichtes Waschbecken. Es könnte sich allerdings auch um schwerwiegendere Probleme handeln, wie eine schiefe Treppe, ein Problem in den unterirdischen Abflussleitungen, schlechtes Mauerwerk oder sog. „Cold Spots“ in Wänden, an denen eine unzureichende (oder sogar gar keine) Dämmung vorgenommen wurde.
Einige dieser Probleme sind relativ leicht zu erkennen, andere halten sich allerdings versteckt. Der erforderliche Aufwand zur Behebung dieser Probleme kann durchaus Kopfzerbrechen bereiten, insbesondere bei Mängeln, die erst nach dem Einzug entdeckt werden. Die Behebung durch das Bauunternehmen wird dabei nicht selten zu einer zeitraubenden und frustrierenden Angelegenheit.
Die britische Verbraucherorganisation „Which?“ weist darauf hin, dass die Dienste eines professionellen Gutachters zur Mängelbesichtigung in Anspruch genommen werden könnten. Es gäbe im Vereinigten Königreich zwar keine offizielle Qualifizierung für die Durchführung von Mängelbeseitigungen und keine standardisierten Methoden. Es stünden allerdings eine Vielzahl von Unternehmen zur Verfügung, die mit der Erhebung von Mängeln beauftragt werden könnten.
Im Rahmen der Erstellung von Mängellisten wird im Vorfeld des Vertragsabschlusses eine gründliche Inspektion des Gebäudes vorgenommen. Diese Berichte kann der Käufer dann dem Unternehmen vorlegen, das das Gebäude errichtet hat, und verlangen, dass sämtliche in der Untersuchung festgestellten Mängel zeitnah behoben werden.
Durchführen einer Mängelbesichtigung in Neubauten
Praxisbeispiele zeigen, wie notwendig es ist, Mängelbesichtigungen beim Einzug in ein neu erbautes Haus durchzuführen. Mängel sind dabei in keinster Weise nur auf Personen ohne entsprechende Qualifikation zurückzuführen (viele mögen dabei etwa an „Stümper“/ „Murkser“/„Pfuscher“ denken, also Personen, die nicht vom Fach sind). Im Jahr 2017 geriet Vistry, eines der führenden britischen Hausbauunternehmen (vor der Zusammenlegung der Wohnungsbaugeschäfte von Linden Homes, einem Geschäftsbereich von Galliford Try, als „Bovis Homes“ geschäftstätig), aufgrund qualitativer Mängel in seinen neu erbauten Objekten in die Kritik.
Die Kosten für die Beseitigung einer Unzahl von Mängeln betrugen damals über 10 Mio. Pfund (knapp 12 Mio. Euro). Doch Bovis war keinesfalls ein Einzelfall. Auch andere Bauunternehmen wurden von einer regelrechten Beschwerdewelle überrollt. Im Jahr 2018 mussten die Bewohner eines von Persimmon errichteten Wohnblocks in Coventry (einer Stadt nicht weit von Birmingham) ihre Wohnungen verlassen, sodass Sanierungsarbeiten durchgeführt und Sicherheitsmängel behoben werden konnten.
Verbraucherschutz und Qualitätsfragen
Diese und andere Vorfälle erachtete die britische Regierung als alarmierend. Da neue Eigenheime in Großbritannien nicht unter das Verbraucherrecht fallen, richteten Ministerien das sog. New Homes Quality Board (NHQB) ein. Es handelt sich dabei um ein unabhängiges Gremium, das für die Überwachung der Qualität und des Kundenservices zuständig ist, den die Bauträger den Käufern vom Zeitpunkt der Vermarktung und des Verkaufs neuer Eigenheime bis zwei Jahre nach Erwerb bieten.
Die Regierung schuf zudem einen New Homes Ombudsman, der die Befugnis hat, Bauträger zur Rechenschaft zu ziehen und Mängelbehebungen zu verlangen. Einige politische Instanzen forderten zudem, dass Käufer bis zu 10 % des Kaufpreises einbehalten können sollten, um die Durchführung von Reparaturarbeiten durch Bauträger zu erzwingen.
Einsatz von Technologien zur Lösung des Problems
Diese Stellen wurden eingerichtet, um Mängel nach der Errichtung eines Gebäudes zu beheben. Vorbeugende Maßnahmen wie regelmäßige Prüfungen würden allerdings auch schon während der Bauphase dazu beitragen, dass es gar nicht erst zu Mängeln kommt, die im Rahmen der Fertigstellung übersehen werden könnten. Moderne Technologien stehen dabei in zunehmendem Maße zur Verfügung und tragen dazu bei, das Mängelaufkommen während des Bauprozesses auf ein Minimum zu beschränken.
Der Schlüssel hierbei würde natürlich darin liegen, sicherzustellen, dass die verrichtete Arbeit durchweg höchste Qualitätsansprüche erfüllt. Die Software zur Verwaltung von Mängeln von Bluebeam unterstützte das Unternehmen Ballymore, das derzeit zwei große Wohnblöcke in Canary Wharf im Osten Londons erbaut, bei der Überwachung der Errichtung von mehr als 4.000 einzelnen Terrassen.
Angesichts des straffen Bauzeitplans setzte Ballymore auf die kontinuierliche Datensammlung zur Optimierung seiner Prozesse. Das Unternehmen nutzte Revu, das Softwarepaket von Bluebeam, um das Bauteam bei der Bearbeitung von Bauplänen, der Nachverfolgung des Baufortschritts und der Minderung von Risiken zu unterstützen. Mit Revu konnte Ballymore standortübergreifende Koordination und Zusammenarbeit gewährleisten und ermöglichte die Kommunikation von der Baustelle zum Büro und umgekehrt, und zwar in Echtzeit und ohne Informationsverlust.
Durch den Einsatz der Technologie von Bluebeam konnte Ballymore bei der Errichtung der Terrassen ein Arbeitspensum im Wert von mind. einem Tag pro Woche einsparen. Der Zeitaufwand für den Dokumentenabgleich wurde um 90 % verringert, ebenso wie Inspektionen vor Ort, die um ein Fünftel reduziert werden konnten.
Mängelerhebung bei gewerblichen Projekten
Nicht nur im Haus- und Wohnungsbau treten Mängel auf. Jedes Bauprojekt muss gemäß den vertraglichen Verpflichtungen durchgeführt werden, die im Zuge der Auftragsvergabe festgelegt werden.
Gewerbliche Kunden müssen davon ausgehen können, dass das Gebäude bezugsfertig ist. Zwar werden Mängelbesichtigungen in Standard-Bauverträgen nicht berücksichtigt. Von den Bauunternehmen wird allerdings erwartet, dass das errichtete Objekt keinerlei Defizite aufweist, insbesondere dann, wenn die Einrichtung bzw. Ausstattung vor dem Bezug erfolgt. Es muss gewährleistet werden, dass beispielsweise Türen und Fenster, mechanische und elektrische Systeme, die Beleuchtung sowie Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen ordnungsgemäß funktionieren.
Gleiches gilt für andere Bauprojekte wie Schulen, Krankenhäuser und Industrieanlagen. Mängel können bei sämtlichen Bauvorhaben auftreten. Es gilt, sie auf ein Minimum zu beschränken, während die Behebung derjenigen, die durchs Netz fallen, schnell und ohne viel Aufhebens durchführbar sein muss. Und ein Unternehmen, das genau dazu in der Lage ist, kann viel zur Wahrung seines guten Rufs beitragen.