Wenn Sie schon einmal von den ruhigen Wellenbewegungen einer Qualle inspiriert worden sind oder eine aufwendige Unterwasserlandschaft in einem Aquarium in Ihrer Nähe bewundern konnten, haben Sie dies wahrscheinlich John Christiansen zu verdanken.
Christiansen ist Vice President of Construction bei EHDD Architecture und für das Design des Monterey Bay Aquarium verantwortlich. Diese Struktur hat bereits Generationen von Aquariendesigner:innen und eine Vielzahl von Besucher:innen inspiriert.
Built hat sich mit dieser Legende des modernen Aquariendesigns und -baus unterhalten, um mehr über seinen bahnbrechenden Ansatz und die Herausforderungen bei der Gestaltung dieser einzigartigen Konstruktionen zu erfahren.
Der wissenschaftliche Hintergrund
Als begeisterter Taucher und Meeresbiologe kam Christiansens Einstieg in die Welt des Aquariendesigns eher unerwartet.
„Als ich begann, für das Monterey Bay Aquarium zu arbeiten, steckte es gerade mitten in der ersten Bauphase. So kam es dazu, dass ich am Aquariendesign, am Projektmanagement und an vielen anderen Projekten in verschiedenen Bereichen beteiligt war“, so Christiansen.
Es überraschte ihn, dass sein Hintergrund ihn so gut auf die Herausforderungen seiner neuen Position vorbereitet hatte. „Als Biologe erhält man eine umfassende Ausbildung“, so Christiansen. „Chemie, Physik, Mathematik – all das passt auch sehr gut zum Ingenieurwesen und Design. In der Schule habe ich gelernt zu zeichnen. Und aufgrund meiner Ausbildung als Biologe habe ich die Tiere bereits in ihrem natürlichen Lebensraum kennengelernt. So weiß ich auch, was sie brauchen, um in den von uns geschaffenen Lebensräumen zu überleben.“
Christiansen berichtet, dass er während des Designprozesses auch aus den praktischen Erfahrungen mit den Tieren in Gefangenschaft schöpfen und so spezialisierte Designs für die verschiedenen Tierarten entwickeln konnte. „Ich kannte die Tiere nicht nur in ihrem natürlichen Lebensraum“, so Christiansen, „sondern auch aus jahrelanger Arbeit im Tierhaltungsbereich des Monterey Bay Aquarium.“
Durch diese praktischen Erfahrungen erhielt Christiansen einen einzigartigen Einblick in die Arbeit hinter den Kulissen eines Aquariums. Diese Erkenntnisse beeinflussen ihn auch in seinen Entscheidungen als Architekt. „Ich bin womöglich die einzige Person, die jemals in wirklich allen Bereichen eines Aquariums gearbeitet hat“, so Christiansen. „Design, Wartung, Haltung – all diese Erfahrungen beeinflussen mich. Es geht nicht nur darum, Räume für die Öffentlichkeit und die Tiere zu bauen. Es geht auch darum, Strukturen zu schaffen, die langlebig sind und den Veränderungen im Laufe der Zeit standhalten können.“
Artgerechtes Bauen
Wie gelingt es Christiansen, derart spektakuläre Bereiche für die verschiedenen Tierarten zu gestalten? Indem er sich zunächst an den natürlichen Lebensräumen der Tiere orientiert.
„Wenn man ein Tier halten möchte, das noch nie zuvor in Gefangenschaft gehalten wurde, sieht man sich normalerweise zuallererst an, in welcher Umgebung das Tier lebt“, so Christiansen. „Bei neuen Arten muss man darauf vorbereitet sein, dass nicht alles sofort reibungslos funktionieren wird. Ressourcen und Zeit sind nötigen, um verschiedene Dinge auszuprobieren, bevor man wirklich weiß, was funktioniert.“
Christiansen machte diesen Prozess selbst durch, als er für die erste Quallenausstellung des Monterey Bay Aquarium verantwortlich war. „Als wir Ende der 80er Jahre das erste Mal eine Quallenausstellung im Monterey Bay Aquarium konzipiert haben, meinte die Marketingabteilung, dass niemand Quallen sehen wollen würde“, erinnert er sich. „Aber das stimmt nicht. Selbst bei einem kleinen Quallenaquarium war die Verweildauer der Besucher so lang wie im Seetangbecken mit seinen 1,1 Millionen Litern oder wie im Otterbereich.“
Der Erfolg mit den Quallen erforderte jedoch viel Zeit und Mühe. „Bevor die Bauarbeiten begannen, ging ich auf Forschungstauchgänge im Meer 1.000 Meilen vor der Küste Kaliforniens. Ich habe mir die Quallen in ihrem natürlichen Lebensraum angesehen, um zu verstehen, wie sie leben“, so Christiansen.
Als er das Gefühl hatte, ihre Lebensumstände nachvollziehen zu können, versuchte er sie in kleinerem Maßstab nachzubilden. „Wenn man sich Quallen in Aquarien anschaut, stellt man fest, dass sich die Tiere im Grunde im Kreis bewegen“, so Christiansen. „Die Aquarien sind so konzipiert, dass sie eine Wasserflussbarriere bilden. Diese verhindert, dass die Quallen in einer Ecke steckenbleiben bleiben und sich ihre Tentakel verheddern oder in den Abfluss gesaugt werden. Man bemüht sich darum, eine Umgebung nachzuahmen, die das Tier wirklich braucht. Es bedarf eines sorgfältigen Verfahrens, um die Bedürfnisse des Tieres herauszuarbeiten, und es muss flexibel genug sein, um angepasst werden zu können.“
Menschliche und tierische Anforderungen
Auf die Frage, wie er die Bedürfnisse der Tiere und die der menschlichen Besucher:innen in den von ihm entworfenen Bereichen in Einklang bringt und wo seine Prioritäten liegen, hat Christiansen eine klare Antwort.
„Es gibt hier keine Kompromisse“, meint er. „Die Tiere kommen immer zuerst. Wenn man beim Entwerfen einer Ausstellung mit Tieren dem, was die Öffentlichkeit sich vorstellt, ebenso viel Raum einräumt wie den Bedürfnissen der Tiere, führt das am Ende nur dazu, dass man die Tiere ersetzen muss.“
Allerdings lässt Christiansens auf Tiere fokussierter Ansatz auch beträchtlichen Raum für die Logistik rundum die menschlichen Besucher:innen.
„Für die Besucher ist der Bewegungsfluss sehr wichtig“, so Christiansen. „Jedes Mal, wenn man ein Aquarium baut, verbringt man unzählige Stunden damit, folgende Aspekte zu diskutieren: Welches Tempo hat die Ausstellung? Wo liegen die Bereiche, die beim Publikum am besten ankommen? Wissen wir überhaupt, was beim Publikum am besten ankommt?
Außerdem sorgen die verschiedenen Arten von Besucher:innen, die Aquarien tendenziell anlocken, für weitere Herausforderungen. „Bereiche, die von Eltern mit Kinderwagen und von vielen kleinen Kindern frequentiert werden, haben eine völlig andere Dynamik als Bereiche für etwas ältere Kinder oder auch ältere Erwachsene“, so Christiansen. „Man sollte Erlebnisse für alle Besuchergruppen planen, sich jedoch vorwiegend auf die Besuchergruppe konzentrieren, die von einer bestimmten Attraktion angesprochen wird.“
So kompliziert diese Diskussionen auch sein mögen, für Christiansen sind sie Teil dessen, was ihm am Aquariendesign besonders viel Spaß macht. „Für mich besteht der beste Teil von Aquarienprojekten im Brainstorming über die Gestaltung öffentlicher Räume mit Tierpflegern auf einer Seite, Ausstellungsdesignern auf einer anderen Seite und unseren Mitarbeitern auf einer dritten Seite“, berichtet er. „Die Zusammenarbeit macht an diesen Projekten am meisten Spaß. Denn bei Aquarienprojekten geht es vor allem um die Zusammenarbeit.“