Illustration von Jonny Ruzzo
Jim Caliendo hat noch nie einen Nagel eingeschlagen. Er hat noch nie einen Kran bedient. Und er hat noch nie ein Gebäude gebaut – zumindest nicht mit seinen eigenen Händen.
Wie wurde er also CEO eines Bauunternehmens?
Die Antwort auf diese und andere Fragen finden Sie im folgenden Interview, das wir für den Built Blog mit Caliendo geführt haben – einem ausgebildeten Banker, der in die Geschäftsleitung eines Bauunternehmens aufstieg. Ermöglicht hat ihm dies sein Geschick, die besten Talente in Bereiche einzustellen und zu managen, in denen er selbst nicht sonderlich erfahren ist, sowie seine Begeisterung, neue Dinge zu erlernen.
Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie den ersten Beitrag aus der Serie „Einblicke in die Führungsebene der Baubranche“. Darin zeigt der Built Blog auf, wie verschiedene Führungskräfte der Branche ihre aktuellen Führungspositionen erreicht haben und wie sie die Entwicklung und den Fortschritt der Branche aus ihrer einzigartigen Perspektive betrachten. Nachfolgend finden Sie bearbeitete Auszüge aus dem Gespräch.
Built Blog: Wie sind Sie ins Baugewerbe gekommen?
Caliendo: Ich arbeitete mich im Bankwesen hoch und war bei einer Spar- und Darlehenskasse in Pittsburgh tätig. Irgendwann beauftragte die Bank PWCampbell damit, eine Filiale für uns zu bauen, und übertrug mir die Leitung des Projekts. Damals wusste ich nichts über das Baugewerbe. PWCampbell bietet schlüsselfertige Lösungen, wodurch das Projekt sehr gut verlief. Danach baute das Unternehmen 13 weitere Filialen für uns und renovierte unser Betriebsgebäude. Ich arbeitete eng mit Jim Campbell senior, dem damaligen CEO und Sohn des Gründers, sowie seinen Söhnen Jim und John zusammen.
Meine Bank wurde bald darauf verkauft, worüber ich ziemlich traurig war. Ich hatte am Schalter angefangen und war schließlich Chief Operating Officer geworden. Wahrscheinlich wäre ich der nächste Präsident der Bank geworden. Schließlich verließ ich das Unternehmen und gründete mit einem Freund eine Beratungsfirma. PWCampbell war die erste Firma, die ich damals kontaktierte. Anschließend war ich zwei Jahre lang als Berater für das Unternehmen tätig und habe hauptsächlich Führungsschulungen durchgeführt, bevor ich dann fest bei dem Unternehmen anfing.
Built Blog: Auf welche Bereiche hat sich das Unternehmen spezialisiert?
Caliendo: Wir bieten Beratungs- und Baudienstleistungen für die Finanz-, Handels- und Immobilienbranche an.
Built Blog: Wie hat sich die Branche in den letzten zehn Jahren verändert?
Caliendo: Unser Geschäft im Bereich Planung und Umsetzung ist etwa zu gleichen Teilen zwischen Banken und Kreditgenossenschaften aufgeteilt. Die Kunden von Banken und Kreditgenossenschaften haben in den letzten zehn Jahren die Art und Weise geändert, wie sie ihre Geschäfte in den Filialen erledigen. Früher gingen die Leute in die Filialen, um Einzahlungen und Abhebungen an einem Schalter zu tätigen. Neue Technologien haben jedoch zu Veränderungen geführt. Aufgrund dieser Verschiebung mussten sich die Bauunternehmen, die für Banken arbeiten, an dieses neue Verhalten anpassen.
Früher boten wir Banken und Kreditgenossenschaften nur Design-Build-Dienstleistungen an. Im letzten Jahrzehnt haben wir uns jedoch in drei Richtungen diversifiziert. Mit „Technology Solutions“ haben wir eine Technologieabteilung eingerichtet und bieten nun umfassende Lösungen für Filialen an, einschließlich Digital Signage, iPad-Integrationen und interaktive Kioske. Unsere „Technology Solutions“-Gruppe entwickelt die Software, installiert sie und pflegt sie. Nachdem ein Bankvorstand sagte: „Hey, ich liebe die Bank, die Sie gebaut haben, können Sie mir auch so ein Haus bauen?“, begann das Unternehmen auch mit dem Bau von hochwertigen, maßgeschneiderten Häusern. Dann erfolgte eine Diversifizierung in den allgemeinen gewerblichen Baubereich. Hier konzentrieren wir uns auf den Bau von medizinischen Einrichtungen, Hotels und Restaurants.
Built Blog: Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spaß?
Caliendo: Das Coaching junger Menschen in den Bereichen Management, Personalwesen, Verkauf, Finanzen usw.
Built Blog: Vor welchen Herausforderungen stehen Sie?
Caliendo: COVID-19 ist eine echte Herausforderung. Es betrifft so viele Aspekte unseres Geschäfts, denn es geht um die Sicherheit unserer Mitarbeiter und den Erhalt von Arbeitsplätzen – und nicht nur unserer, sondern auch der unserer Kunden.
Built Blog: Was ist einer der größten Erfolge Ihres Unternehmens?
Caliendo: Jahrelang hat eine Kreditgenossenschaft nur mit einem unserer Konkurrenten zusammengearbeitet. 2017 haben wir diesen Konkurrenten ausgestochen und den Auftrag für einen 220.000 Quadratmeter großen Anbau und eine Renovierung erhalten. Die Etablierung unserer Technologieabteilung steht an zweiter Stelle, da sie in kurzer Zeit einen solchen Erfolg verzeichnen konnte.
Built Blog: Welche Fehler haben Sie am Anfang Ihrer Karriere gemacht?
Caliendo: Manche würden sagen, es fing schon mit dem Einstieg in die Firma an. Ich kann noch nicht mal einen Nagel einschlagen. Einige haben mich anfangs nicht akzeptiert, weil ich keine Ahnung vom Bauwesen hatte. Aber wir stellen Subunternehmer ein und managen den Prozess. Meine Erfahrungen in den Bereichen Vertrieb, Geschäftsentwicklung, Personalwesen und Finanzen waren hilfreich und ich habe dann Leute eingestellt, um Bereiche zu managen, in denen ich keine Erfahrung hatte. Meine Freunde haben mich gefragt: „Wie kannst du der Präsident einer Baufirma sein?“ Es geht nur darum, Menschen zu führen, und ich bin froh, dass die Campbells das auch so sahen und meinen Hintergrund zu schätzen wussten.
Built Blog: Was hätten Sie bei Ihrem Einstieg in die Branche gerne gewusst?
Caliendo: Mir war nicht bewusst, dass manche Baufirmen in einigen Bereichen Lücken aufweisen. Sie mögen zwar in Sachen Bau hervorragend sein, sind dafür aber zum Beispiel in den Bereichen Kundenbeziehungen, Management und Vertrieb eher schwach aufgestellt.
Built Blog: Was ist der beste Ratschlag, den Sie jemals in Bezug auf die Branche erhalten haben?
Caliendo: Beim Aufbau von Beziehungen ist die Zufriedenheit des Kunden alles. Es lohnt sich nicht, mit einem Auftrag viel Geld zu verdienen, wenn der Kunde nicht zufrieden ist. Jedes Jahr kommen 64 % der Aufträge von unseren Stammkunden.