Bereits 1976 rührte Darlene Septelka die Werbetrommel für die Vorteile des Baugewerbes für Frauen. Die damals 23-jährige Bauzeichnerin erklärte einem Reporter von The Patriot Ledger in Massachusetts, auf welche Weise das Baugewerbe jungen Frauen damals schon „weit offen“ stand.
„Ich wünschte, Sie würden den Mädchen in der Highschool nahelegen, neue Bereiche wie technisches Zeichnen, Ingenieurwesen und Elektrotechnik in Erwägung zu ziehen“, sagte sie in dem Bericht mit dem Titel „Motivation Keeps Darlene Going in Man’s World“. „Es gibt jede Menge Möglichkeiten und viele Unternehmen würden gerne Frauen einstellen.“
Inzwischen ist Septelka seit mehr als 50 Jahren in der Branche tätig. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete Septelka unter anderem als Bauingenieurin an verschiedenen Orten in den USA und war als Projektmanagerin in anderen Teilen der Welt wie China, Saudi-Arabien und Vietnam im Einsatz.
Heute ist sie als Dozentin am College of Built Environments der University of Washington tätig und bildet die nächste Generation von Baufachkräften aus.
Septelkas Laufbahn verlief vor allem in der Anfangszeit nicht ohne Probleme. Aber wenn sie zurückblickt, sieht sie eine erfüllende und erfolgreiche Karriere. Und wenn sie nach vorne blickt, freut sie sich besonders darüber, dass immer mehr junge Frauen ihrem Rat aus dem Jahr 1976 folgen.
Septelka beschreibt ihre Karriere als unglaublich bereichernd. „Und ich konnte sogar im Ausland arbeiten“, fügt sie hinzu.
Erste Herausforderungen
Als Kind wurde Septelka nach eigener Aussage nicht „in eine Schublade gesteckt“. Sie hatte zwar Puppen und Barbies, aber ihr Vater kippte auch einen Sandhaufen hinter das Haus, wo sie Städte bauen konnte. Als es an der Zeit war, sich für eine Highschool zu entscheiden, stand es für sie – anders als für einen ihrer Klassenkameraden – außer Frage, dass sie an eine neue Berufsfachschule gehen und Elektrotechnik als Hauptfach belegen würde. Als sie verkündete, was sie vorhatte, sagte der Klassenkamerad zu ihr: „Das ist nichts für Mädchen.“
„Und ich kann mich erinnern, wie ich dasaß und dachte: ‚Wie bitte? Ich werde ihm beweisen, dass das nicht stimmt‘“, erinnert sie sich. „Ich war schon von klein auf ziemlich eigensinnig und akzeptierte kein Nein, denn ich sah keinen vorgegebenen Weg, dem ich folgen musste.“
Dieser „Das ist nichts für Mädchen“-Einstellung seitens männlicher Wegbegleiter sollte sie immer wieder begegnen. Bei ihrer ersten Stelle als Zeichnerin musste Septelka mitansehen, wie Männer lange vor ihr befördert wurden. Später bei einer anderen Stelle, bei der sie die einzige Frau auf der Baustelle war, musste sie zum Prüfen des Plans für ein Kernkraftwerk in einen Schacht hinuntersteigen, wo sie von männlichen Kollegen mit Wasser begossen wurde.
„Sie lachten“, erzählt sie. „Und ich kam hoch, ohne Geschrei zu machen. Ich ging einfach erhobenen Hauptes davon.“
Diese Überlebensstrategie von Septelka, sich mit erhobenem Haupt auf die Arbeit zu konzentrieren, erwies sich als wirksame Methode, wenn sie auf ihrem weiteren Weg mit solchem „Kinderkram“, wie sie es nennt, konfrontiert wurde. Und so fand sie Verbündete – Kollegen und Vorgesetzte, die ihr als Mentoren und Unterstützer beistanden.
„Für mich wurden manche Menschen zu Vorbildern und andere eben nicht“, so Septelka.
Als ihre Karriere voranschritt und sie höhere Positionen bekleidete, kamen solche Vorfälle nicht mehr so häufig vor, ereigneten sich aber immer wieder einmal, vor allem bei Projekten in Ländern mit einer männlich dominierten Kultur. Trotz allem hat sich Septelkas Einstellung seit den Tagen an der Junior High nie verändert, als ihr Klassenkamerad meinte: „Das ist nichts für Mädchen.“
„Ich habe es als Herausforderung betrachtet und wollte zeigen, dass es sehr wohl etwas für uns ist“, erklärt Septelka im Zusammenhang mit einer Arbeitserfahrung in Saudi-Arabien, wo sie lange Gewänder und Kopftücher tragen musste. „Ich war vielleicht nicht mit allem einverstanden, was dort vor sich ging, aber ich musste beweisen, dass wir Frauen in führenden Positionen erfolgreich sein können.“
Weitere Herausforderungen
Als Septelka 1970 in der Branche anfing, waren der US-amerikanischen Statistikbehörde zufolge gerade einmal 253.000 Frauen im Baugewerbe tätig. Heute schätzt die US-Behörde für Arbeitsstatistik diese Zahl auf fast 1,2 Millionen.
Im Rahmen ihrer Arbeit in der Branche und als Dozentin für Baumanagement an verschiedenen Universitäten konnte Septelka diese Zunahme selbst miterleben. Etwa 22% der Studierenden im Bereich Baumanagement an der University of Washington sind Frauen, so Septelka. Sie unternimmt große Anstrengungen, um Frauen als Gastdozentinnen zu gewinnen. Für die Studentinnen macht es schon eine Menge aus, zu sehen, dass es Dozentinnen gibt.
„Eine Studentin kam nach einem Kurs zu mir und sagte: ‚Vielen Dank! Es hat mich sehr gefreut, eine Frau zu sehen und mir ihre Geschichten anzuhören’“, berichtet Septelka. „Das hat mich sehr berührt.“
Sie macht die Erfahrung, dass immer mehr Frauen nach einem Bachelorstudium der Architektur, des Bauingenieurwesens oder der Betriebswirtschaft einen höheren Abschluss im Baumanagement anstreben. Es gibt noch viel zu tun, um schon in der Schule gegen die Aussage anzukämpfen, dass Frauen in diesem Bereich nichts zu suchen haben, so Septelka. Und Frauen, die in das Baugewerbe einsteigen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass es nach wie vor Probleme gibt.
Aber wie sie schon 1976 in The Patriot Ledger erklärte, gibt es für Frauen jede Menge Chancen in dieser Branche, vor allem wegen des immer schlimmer werdenden Arbeitskräftemangels. Deshalb sind Unternehmen mehr denn je auf der Suche nach Frauen und sorgen für Veränderungen, damit sie auch willkommen sind. „Sowohl im Hinblick auf die Hautfarbe als auch auf das Geschlecht von Mitarbeitenden versucht die Branche ihr Bestes, um ihre Firmen und Arbeitskräfte umzuerziehen“, so Septelka. „Und man bemüht sich deutlich stärker darum, Frauen auf mehr führende Positionen zu befördern.“