Adrian Scott Fine ist Director of Advocacy beim Konservatorium von Los Angeles. Dort hat er sich in den letzten 10 Jahren für den Erhalt von gefährdeten Gebäuden und Gebäudekomplexen eingesetzt.
Als Experte für Stadtplanung hat Fine jede Menge Wissen über die Architektur in Los Angeles und ihre Entwicklung anhäufen können: vom anfänglichen Boom in den Zwanziger- und Dreißigerjahren bis hin zu der Kultur, die heute vorherrscht und Los Angeles zu einer dynamischen Stadt voller Leben macht.
Der Bluebeam Blog hat mit Fine über die Architekturstile, für die L.A. heute bekannt ist, und über einige der vielleicht geschichtsträchtigsten Gebäude gesprochen, die jedes Jahr von Millionen von Menschen bestaunt werden. Nachfolgend finden Sie bearbeitete Auszüge aus diesem Gespräch.
Bluebeam Blog: Gibt es einen bestimmten Baustil, der Los Angeles am besten repräsentiert?
Fine: Es lohnt sich, die Zeiträume zu betrachten, in denen es in L.A. ein starkes Bevölkerungswachstum gab und viele Entwicklungsprozesse im Gang waren – also auf jeden Fall die Zwanziger- und Dreißigerjahre. Es gibt ein paar herausragende Beispiele für Art déco, Stromlinien-Moderne und den spanischen Kolonialstil aus dieser Zeit. Der spanische Kolonialstil ist in L.A. besonders bei Wohnhäusern erkennbar.
Dann hätten wir noch einen weiteren Zeitraum, der von Wachstum geprägt war – die späten Fünfzigerjahre und die Sechzigerjahre. In dieser Zeit wurde L.A. auch international für seine Architektur bekannt. Der Stil Mid-century modern und das Programm Case Study Houses sowie futuristische Architektur mit religiösen Einflüssen spielten dabei eine zentrale Rolle.
Für mich ist L.A. eine Stadt des 20. Jahrhunderts. Zwar gibt es auch einiges aus dem 19. Jahrhundert und davor, aber die wichtigste Geschichte spielt sich während dieser beiden Boomphasen Anfang des 20. Jahrhunderts ab.
Bluebeam Blog: Was sagen Sie zu diesen fünf Gebäuden, die unserer Ansicht nach zu den bemerkenswertesten der Stadt gehören?
- Das Bradbury Building
- Das Eastern Columbia Building
- Das Theme Building am LAX
- Die Union Station
- Die Walt Disney Concert Hall
Fine: Zu einem gewissen Maße kenne ich all diese Gebäude.
Das Bradbury Building
Das Bradbury Building ist eines der Gebäude, zu dem wir auf unserer Website Analysen durchführen. So finden wir heraus, welche Seite am häufigsten aufgerufen wird und wofür die Leute am meisten anrufen. Ganz oben in der Statistik war immer schon das Bradbury Building. Es ist einfach ein Gebäude, das man als Tourist unbedingt gesehen haben muss. Einwohner von Los Angeles, die dieses Gebäude nicht kennen, leben wohl irgendwo hinterm Mond. Die meisten kennen das Gebäude aber vor allem wegen seiner atemberaubenden Schönheit und deshalb, weil es eines der ältesten erhaltenen Gebäude im Stadtzentrum ist.
Das Innere des Gebäudes besticht durch einen riesigen lichtdurchfluteten Innenhof mit Glasdach und Gerüsten aus Metall. Gerade in einer Stadt wie L.A. ist so etwas eher selten anzutreffen. An anderen Orten gibt es viel mehr solche Gebäude. Und das macht für mich diesen Überraschungsfaktor aus. Denn von außen betrachtet, würde man nicht unbedingt einen solchen Innenraum erwarten. Die Fassade ist nämlich relativ schlicht. Klar, es gibt einige interessante Details, aber ich würde es aufgrund seiner Fassade nicht als ein architektonisch einzigartiges Gebäude beschreiben. Bei dem Gebäude geht es vielmehr um den lichtdurchfluteten Innenhof. Außerdem hat man das Gebäude bereits in einigen Filmen gesehen. Somit wurde es auch Teil der Popkultur. Ich würde sagen, dass sind einige der Gründe, warum alle unbedingt das Bradbury Building sehen möchten.
Das Eastern Columbia Building
Hierbei handelt es sich um ein wirklich massives Gebäude. Damals wollte man etwas Enormes bauen. Auch zu seiner Ära galt dieses Gebäude als riesig. Es ist eines dieser Bauwerke, das einfach nicht anders kann, als aufzufallen, aber gleichzeitig nicht zu aufdringlich wirkt. Man kann nicht einfach daran vorbeigehen – allein schon wegen der Farbe. Es gibt zwar eine Handvoll Gebäude mit solchen polychromatischen Terrakotta-Details, aber diese fallen nicht so ins Auge wie die des Eastern Columbia. Dieses besitzt nämlich eine Art türkise Außenschicht mit goldfarbenen und blauen Elementen – was eine eher unerwartete Kombination ist. Aber irgendwie passt das bei diesem Gebäude alles wunderbar zusammen. Die Farbe spielt also eine wichtige Rolle. Es hebt sich dadurch von umliegenden Gebäuden und von der Umgebung ab. Ein weiterer Blickfang ist die riesige Uhr.
Dieses monumentale Gebäude wurde gebaut, um Eindruck zu schinden. Und genau das erwartete man auch von Art-déco-Gebäuden im Zeitalter des Jazz. Es war für seine Zeit modern und es grenzte sich klar von dem vorherigen Architekturstil ab, bei dem die Existenzangst ein wesentlicher Faktor war. Außerdem verfügt das Gebäude über interessante Details, die aber gleichzeitig schlicht und modern wirken.
Seinerzeit handelte es sich also um ein einzigartiges Gebäude – und das ist es auch heute noch. Denn auch heute noch sticht es hervor. Es ist eines der besten Art-déco-Gebäude in L.A. und steht wahrscheinlich auch national und international auf der Liste der wichtigsten Gebäude im Art-déco-Stil.
Das Theme Building am Flughafen von Los Angeles (LAX)
Das Theme Building sieht aus wie eine fliegende Untertasse, die direkt über der Erde schwebt. Hierbei handelt es sich um die Googie-Architektur. Allein das ist schon einzigartig. L.A. ist bekannt für diesen Baustil, der aber normalerweise eher bei Coffeeshops, Diners und Autowaschanlagen angewendet wird. Wir haben hier eine wirklich einzigartige Interpretation dieses Stils. Das Gebäude sollte Aufmerksamkeit erregen, aber auf eine ganz andere Weise als das Eastern Columbia. Es sticht durch seine übertriebenen Formen und den futuristischen Stil hervor – eine Architektur, die von einer abenteuerlichen Zeit in der Zukunft träumen lässt.
Es ist wirklich ein einzigartiges Gebäude, das dafür gebaut wurde, Vorbildcharakter zu haben. Ursprünglich wurde dieses Gebäude entworfen, um sich in den Masterplan des Flughafens einzufügen. Es sollte eigentlich noch viel größer werden und eine Glaskuppel erhalten, über die alle Terminals mit einem zentralen Knotenpunkt verbunden werden sollten. Dieser Plan wurde, wie wir heute sehen, nicht in die Tat umgesetzt. Die einzelnen Terminals sind abgetrennt und stehen alleine da. Dennoch hat man versucht, die Idee in gewisser Weise umzusetzen. Aus diesem Grund entschied man sich für den Bau des Theme Buildings. Es erfüllt seinen Zweck, ist aber um einiges kleiner, als man es ursprünglich geplant hatte.
Die Union Station
Ich würde sagen, dass dieses eines der schönsten Gebäude in Los Angeles ist – eine einzigartige Mischung aus spanischem Kolonialstil und Art déco. Es handelt sich um eine Zusammensetzung, die man nur selten zu Gesicht bekommt. Ich würde sagen, dass der Bahnhof in der letzten großen Welle von Union Stations, die in den großen Städten der USA gebaut wurden, entstanden ist. Ich glaube, der Bahnhof wurde 1939 gebaut und ist der letzte seiner Art. Es ist also ein weiteres Gebäude, das man unbedingt gesehen haben muss, wenn man L.A. besucht oder wenn man mit dem Zug auf Durchreise ist.
Die Union Station ist einfach nur ein Augenschmaus. Es gibt im Gebäude unzählige interessante Ecken und Winkel, die alle ihren eigenen Charme haben. Es ist ein weiteres Gebäude mit einer sehr interessanten Vergangenheit. Das Transportwesen hatte lange Zeit zu kämpfen und in der Union Station war es dementsprechend ruhig. Erst kürzlich haben einige für lange Zeit ungenutzte Räume eine neue Funktion bekommen. Nun findet man in ihnen unter anderem auch Restaurants. Was seine ursprüngliche Funktion betrifft, geht es auf dem Bahnhof inzwischen wieder rege zu, aber viele Jahre war es ruhig, als der Verkehr nicht mehr das war, was er heute ist.
Die Walt Disney Concert Hall
Dieses Gebäude verkörpert den Stil und die Ästhetik von Frank Gehry. Es geht vor allem um Kreativität und die Fähigkeit, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Ich weiß, dass Gehry ein begeisterter Segler ist. Diese Leidenschaft spiegelt sich auch in den skulpturalen Formen der Walt Disney Concert Hall wider.
Gehry ging es bei diesem Projekt vor allem um Kreativität und Einfallsreichtum. Diese Konzepte wollte er unbedingt umsetzen. Ich bin der Meinung, dass ihm das auch wirklich gelungen ist. Hier haben wir wieder ein Gebäude in L.A., das man unbedingt gesehen haben muss. Sowohl von außen als auch von innen ist es einfach nur beeindruckend. Das Innere ist natürlich ein Erlebnis für sich – perfekt für einen Konzertbesuch. Es ist also nicht nur etwas für die Augen, sondern auch für die Ohren.