Illustration von Sam Barks
Für die Länder der nördlichen Hemisphäre steht der Winter kurz bevor – das Leben wird sich also bald hauptsächlich drinnen abspielen. Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, von der die USA am schlimmsten betroffen sind, wird es aufgrund der kälteren Temperaturen für die Menschen bald immer schwieriger, sich im Freien zu treffen oder Sport zu treiben.
Zudem werden in verschiedenen US-Bundesstaaten die jeweils geltenden Einschränkungen gelockert. Nach vielen Monaten des Homeoffice werden die Angestellten in ihre umgestalteten Büros zurückkehren. Alles in allem wird sich das Leben bald zum größten Teil drinnen abspielen – und das zu einer Zeit, in der viele Gesundheitsexperten davon ausgehen, dass sich die Ausbreitung der Pandemie noch verschlimmern könnte, da sie mit der jährlichen Grippewelle zusammentrifft.
Während sich das Leben in den Herbst- und Wintermonaten weitgehend nach drinnen verlagert und in den USA die Wiedereröffnung der Schulen organisiert wird, gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass das Virus über die Luft übertragen wird und zwar durch das Einatmen von Aerosolen.
Seit Monaten weisen Experten darauf hin, dass in Innenräumen – insbesondere in solchen mit schlechter Belüftung – das Infektionsrisiko besonders hoch ist. Obwohl es logisch ist, dass sich das COVID-19-Virus über Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen (HLK-Systeme) verbreiten kann, sind die Erkenntnisse diesbezüglich noch immer nicht vollkommen schlüssig. Trotzdem investieren viele Unternehmen und Gebäudebetreiber Zeit und Geld in die Aufrüstung ihrer HLK-Systeme, um die Luftqualität zu verbessern und Viren herauszufiltern.
„Wir können ziemlich sicher sagen, dass die Übertragung von COVID-19 durch die Luftbewegung in einem Raum beeinflusst werden kann“, erklärt William Bahnfleth, Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Pandemie der American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE). „Bis jetzt liegen uns noch keine direkten Hinweise darauf vor, dass das Virus von infizierten Personen über ein HLK-System auf anfällige Personen in einem anderen Raum übertragen wurde.“
Verbesserte Luftfilteranlagen
Um die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen, muss unbedingt sichergestellt werden, dass HLK-Systeme wie vorgesehen funktionieren und für frische, saubere Luft von draußen sorgen. Laut einem Artikel des Wall Street Journal vom September sollte in Innenräumen ein Luftaustausch mit sauberer Luft zwischen vier und sechs Mal pro Stunde stattfinden, um angesammelte COVID-19-Partikel zu verdünnen. Dabei sollte eine Kombination aus fortschrittlicher HLK-Belüftung, offenen Türen und Fenstern, Fensterventilatoren sowie Luftreinigungs- und Filterungsanlagen zum Einsatz kommen, so der Artikel.
Entscheidend sei jedoch vor allem, dass Innenräume über die notwendige Ausstattung verfügen, um eine ausreichende Außenluftzirkulation im gesamten Raum gewährleisten zu können.
Der verstärkte Fokus auf Innenräume hat den Markt für HLK-Systeme belebt. Dennis Knight, stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgruppe zur Pandemie der ASHRAE, beobachtet seit dem Beginn der Pandemie eine gestiegene Nachfrage nach HLK-Geräten – mit einer Verdoppelung der Lieferzeiten von sechs bis zwölf Wochen in einigen Fällen.
Und auch Filter sind gefragt, denn die Gebäudebetreiber wollen sicherstellen, dass die HLK-Systeme die Viren nicht von Raum zu Raum verbreiten. „Zulieferer vor Ort und auch meine Kunden haben mir bestätigt, dass MERV 13-Filter sowie tragbare HEPA-Filteranlagen nur schwer zu bekommen sind. Zudem sind die Lieferzeiten ziemlich lang“, sagt Knight. (MERV steht für Minimum Efficiency Reporting Value. Dabei handelt es sich um eine Nummer, die die kleinsten Partikel angibt, die von dem Filter aus der Luft gefiltert werden können.)
Nur die Filter mit den höchsten Werten (MERV 13–16) sind in der Lage, die Luft von Bakterien und Viren zu reinigen. Die Lösung liegt jedoch nicht immer in der Installation besserer Filter, denn feinere Filter beeinträchtigen die Luftbewegung durch das System und benötigen daher mehr Leistung, um eine gute Luftzirkulation zu gewährleisten. HEPA-Filter (HEPA steht für High Efficiency Particulate Air) sind effizienter als MERV 16-Filter, benötigen jedoch mehr Energie und Wartung, um optimal zu funktionieren.
Die Kosten eines zusätzlichen Filters hängen von dessen Empfindlichkeit und der Größe des HLK-Systems insgesamt ab. In einer E-Mail an den Bluebeam Blog gab Knight diesbezüglich folgendes Beispiel:
„Wenn die Strategie darin besteht, die Filtration von MERV 8 auf MERV 13 zu erhöhen, variieren die Angebote von 0,05 US-Dollar pro Quadratfuß (0,45 Euro pro Quadratmeter) bis hin zu 0,45 US-Dollar pro Quadratfuß eines Gebäudes (4,04 Euro pro Quadratmeter). Die Kosten unterscheiden sich je nach Art des Filters, der Rahmengröße des Filters (2,5 cm, 5 cm bis hin zu 30 cm Dicke) und der Kapazität des vorhandenen Lüftermotors des HLK-Systems, um den zusätzlichen Druckabfall der Filter zu bewältigen. Wenn Sie von einem 5 cm dicken MERV 8-Filter zu einem 5 cm dicken, elektrostatisch geladenen MERV 13-Filter wechseln, liegen die Kosten zwar im unteren Bereich, die Filter müssen jedoch höchstwahrscheinlich häufiger ausgewechselt werden. Wenn Sie von einem 5 cm dicken MERV 8-Filter zu einem 10 oder 15 cm dicken MERV 13-Filter oder einem HEPA-Filtern wechseln, dann ist es wahrscheinlich, dass die Filterrahmen, Luftleitungen und der Lüftermotor aufgerüstet sowie die Anlage gewartet werden muss, wodurch erhebliche Kosten entstehen. Solche Aufrüstungen müssen normalerweise von lizenzierten Ingenieuren vorbereitet und die Installation von lizenzierten Auftragnehmern durchgeführt werden.“
Optimierung bestehender Lüftungssysteme
In den Schulen, für die Knight bisher gearbeitet hat, lag der Fokus auf der Optimierung des vorhandenen Lüftungssystems. Gelegentlich wurden auch die Filter aufgerüstet, falls dadurch die Größe des Filterrahmens nicht verändert oder das HLK-System nicht generalüberholt werden musste. In anderen Branchen werden dagegen keine Kosten gescheut:
„Wir hatten Gespräche mit einigen Beratern von Eigentümern größerer Bürogebäude in Städten wie New York. Diese gaben an, dass manche Eigentümer auf beinahe alle Risikominderungsstrategien in ihren Gebäuden setzen“, erzählt Knight.
Die Vorschriften für die Luftqualität in Gebäuden unterscheiden sich in jedem Bundesstaat – nationale Standards für die Filterqualität sind nicht vorhanden. Abgesehen von Laboren oder Krankenhäusern müssen nur wenige Gebäude mit Filtern ausgestattet sein, die Viren aus der Luft filtern können. Die Überarbeitung der Bauvorschriften wird sowohl Zeit als auch politischen Willen erfordern.
Im Moment besteht die sicherste Option immer noch darin, Innenräume voller Menschen zu meiden. Wenn man sich trotzdem in geschlossenen Räumen aufhalten muss, dann ist es bei Gebäuden mit WELL- und LEED-Zertifizierungen wahrscheinlicher, dass sie höheren Luftfiltrationsstandards entsprechen.