Die faszinierende Welt der Freizeitparkgestaltung

Aufregende Attraktionen und umwerfende Traumlandschaften: Hinter dem Bau von Abenteuerparks steckt so viel mehr, als man denkt.

Bei der Errichtung neuer Gebäude geht es aus Sicht der Baubranche in den meisten Fällen darum, die alltäglichen Bedürfnisse jener Menschen zu antizipieren, die das Bauwerk eines Tages nutzen werden. Ob Büros, Geschäftsräume oder Wohngebäude: Beim Baugewerbe handelt es sich im Allgemeinen um einen praktischen Bereich, in dem eher Gegebenheiten des Alltags als wilde Höhenflüge, ultimative Adrenalinkicks und purer Nervenkitzel im Vordergrund stehen.

Für Architekt:innen von Freizeitparks gelten jedoch andere Regeln. So auch für Carlo Mazzonetto von Team Park Project (TPP), einem italienischen Architekturbüro für Freizeitparks. Mazzonetto verbringt seinen Alltag damit, funktionale Flächen zu entwerfen, die selbst die kühnsten Träume der Besucher:innen erfüllen und sie in eine magische Welt entführen.

Was braucht man, um erfolgreiche:r Architekt:in von Abenteuerparks zu werden? Mazzonetto hat Built einige Tricks aus der Praxis verraten.

Die Architektur von Erlebnisparks

Man könnte meinen, Architekt:innen von Freizeitparks hätten ihre Leidenschaft bereits in ihrer Kindheit entdeckt und seit jeher davon geträumt, Attraktionen wie Achterbahnen und Imbissstände zu gestalten. Nicht so bei Mazzonetto: In seinem Fall bedurfte es einer gewissen Lern- und Eingewöhnungsphase.

„Ich war schon immer ein Fan von Abenteuerparks, obwohl mir meine Höhenangst früher oft einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, vor allem bei den besonders wilden Attraktionen“, erzählt Mazzonetto. Obwohl er in seiner Kindheit gerne Freizeitparks besuchte, habe er es nie für möglich gehalten, sich einmal beruflich mit deren Gestaltung auseinanderzusetzen, geschweige denn sich in diesem Bereich ein Standbein aufzubauen. Er empfand die Umgebung oft als nervenaufreibend und erschöpfend.

„Ich habe Landschaftsarchitektur studiert“, so Mazzonetto. Aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes zum systemischen Design pflegte er für dieses Fachgebiet ein besonders großes Interesse. Bald stellte er jedoch fest, dass die Problemstellungen, mit denen er im akademischen Umfeld konfrontiert wurde, kaum einen Bezug zu realen architektonischen Herausforderungen hatten. „Als ich ins Berufsleben eintrat, war es mir nie möglich, mich mit Projekten in einer ähnlichen Größenordnung wie in meinem Studium zu befassen“, erläutert Mazzonetto. „Ich habe mehrfach Jobs und Studios gewechselt, aber nirgendwo meine Bestimmung gefunden.“


EBENFALLS AUF BUILT:


Mazzonetto empfand, dass seine Ambitionen durch den begrenzten Umfang der Projekte, mit denen er betraut wurde, nie völlig befriedigt wurden. Als er seinen ersten Auftrag zur Konstruktion eines Freizeitparks erhielt, ergriff er sofort die Gelegenheit.

Trotz seiner Aversionen gegenüber Achterbahnen in seiner Kindheit war Mazzonetto keineswegs abgeneigt, in diesem Bereich Fuß zu fassen. Die Gestaltung von Erlebnisparks empfand er als einzigartige Möglichkeit, ganzheitliche Systeme zu entwerfen, die Bewegung, Ästhetik und Funktionalität vereinen und die gewünschte Vielschichtigkeit boten. Er war angetan von der Idee, Vergnügungsorte zu entwerfen, an denen Menschen vollständig in eine andere Welt abtauchen können.

„Als mir angeboten wurde, in der Freizeitparkarchitektur tätig zu werden, sah ich das als meine Chance“, sagt Mazzonetto. „Ich habe den Schritt gewagt und jenen Bereich entdeckt, nach dem ich gesucht hatte.“

Die einzigartigen Herausforderungen beim Bau von Abenteuerparks

Die Komplexität der architektonischen Gestaltung von Freizeitparks übte eine große Faszination auf Mazzonetto aus. Das war der Grund, warum er sich für diesen Karriereweg entschied: Er war lohnenswert und anspruchsvoll zugleich.

Eine der besonderen Herausforderungen bei der Gestaltung von Erlebnisparks sei laut Mazzonetto „die Entwicklung der Gesamtvision des Projekts“.

„Die Logik der Bewegungsflüsse muss berücksichtigt werden“, fährt er fort, „um Bedürfnisse erfüllen zu können, denen sich die Besucher:innen noch gar nicht bewusst sind, wenn sie den Abenteuerpark betreten. Im Anschluss wird das Design entsprechend der Thematisierung ausgearbeitet.“

Wer eine themenbezogene Fantasiewelt erschaffen möchte, muss in der Lage sein, den beträchtlichen logistischen Aufwand kunstvoll durch die architektonische Gestaltung kaschieren zu können.

„Eine der wichtigsten Fähigkeiten bei der Gestaltung von Abenteuerparks ist es, ein Verständnis für die Betriebslogik eines Parks zu entwickeln“, so Mazzonetto. „All die betrieblichen und logistischen Aspekte, die sonst im Rahmen der Bauplanung keine Rolle spielen, müssen hier im architektonischen Prozess aktiv einbezogen werden. Die Arbeit von Architekten ist in Freizeitparks oft ‚unsichtbar‘, da sie von der Szenografie verschleiert wird.“

Um die operativen Prozesse eines Parks verbergen zu können, muss zunächst ein Gesamtkonzept entwickelt werden.

„Bei der Gestaltung von Abenteuerparks ist es notwendig, verschiedene Disziplinen in den Designprozess zu integrieren. Das ist eine der wichtigsten Lehren, die sich auch auf andere Bereiche des Bauwesens übertragen lässt“, erläutert Mazzonetto. „Neben der Symbiose von Architektur und Ingenieurwesen, die bereits in der traditionellen Architektur gegeben ist, fließen hier auch Bereiche wie Szenografie, Gartenbau, Anlagen- bzw. Stadtplanung und vieles mehr ein. Bei der Konzeption von Freizeitparks greifen all diese Disziplinen ineinander, sodass ein beeindruckendes Erlebnis geschaffen werden kann. Es wäre schön, wenn die Zusammenführung all dieser Disziplinen auch für unsere Städte genutzt werden könnte.“

Wie läuft der Entwurfsprozess für einen Abenteuerpark ab?

Wir haben Mazzonetto gebeten, uns durch ein typisches Projekt zu führen, wobei er uns direkt darauf aufmerksam gemacht hat, dass es so etwas wie „typisch“ bei der Gestaltung eines Erlebnisparks nicht geben würde.

Zunächst geht es um die Kundenbeziehungen. Manchmal bringen Kunden bereits ein fertiges Konzept für einen Abenteuerpark mit, das Mazzonetto und sein Team umsetzen sollen. In anderen Fällen nimmt TPP eine aktivere Rolle in der Ideenfindungsphase ein. „Es sind Szenarien, die sich abwechseln oder parallel zueinander ablaufen können“, erklärt Mazzonetto. „In der Regel erarbeitet unser Team einen Themenvorschlag, der dem Kunden vorgelegt wird. Es gibt eine ganze Planungsphase, die darauf abzielt, die Identität des Parks zu definieren.“

In dieser frühen Phase des Entwurfsprozesses arbeitet das Team von TPP intensiv an der Entwicklung des Charakters des Abenteuerparks.

„Im Rahmen der Planungsphase erstellen wir sogenannte Moodboards. Das sind Dokumente, in denen die Umgebungsaspekte für jeden Bereich des Parks aufgeführt werden“, verrät Mazzonetto. „Auf der Grundlage dieser Ideen und dem Storyboard des Parks treffen wir alle visuellen Entscheidungen in Bezug auf Farben, Materialien, Beleuchtung, Musik und andere Elemente, die die Atmosphäre und die faszinierende Kulisse erzeugen.“

Bei der Gestaltung solch eindrucksvoller Umgebungen greifen Mazzonetto und das TPP-Team auf Techniken aus der Theater- und Filmproduktion zurück.

„Der Großteil der Arbeit beruht auf Szenografie“, so Mazzonetto. Dies ist ein Prozess, bei dem sich das Team einen Fantasieraum vorstellt, in den die Besucher:innen später einmal eintreten werden. „Allein schon das Zusammenspiel aus ungewöhnlichen Gebäuden und ausgefallenen Konstruktionen versetzt die Besucher:innen in eine andere Welt“, so Mazzonetto. „Dann sind da natürlich auch noch Lichteffekte, Musik, Projektionen, Videoprojektionsmapping und viele andere Techniken, die die Erfahrung erweitern. Es gibt eine Unmenge an Lösungen, die dazu beitragen, unvergessliche Erlebnisse im Abenteuerpark bereitzustellen.“

Sobald das Designteam eine visuelle Identität für den neuen Park erstellt hat, kann die logistische Arbeit in Angriff genommen werden. „Das Designteam führt nun Standort-, Raum-, Budget- und Zielgruppenanalysen durch und trifft dann alle notwendigen Entscheidungen“, erklärt Mazzonetto. „Von der Auswahl der Attraktionen und Spielbuden bis hin zur Zusammenstellung der gastronomischen Angebote“, das Team gehe bis ins kleinste Detail der Interaktionen zwischen Besucher:innen und Park, um ein harmonisches Erlebnis zu schaffen.

Eine der wichtigsten Komponenten der Gestaltung eines neuen Parks besteht in der erfolgreichen Lenkung von Besucherströmen in stark besuchten Bereichen.

„Die Bemessung von Alleen, Warteschlangen und Parkplätzen ist von grundlegender Bedeutung“, so Mazzonetto weiter. „Anhand von mathematischen Modellen werden die durchschnittliche Besucherzahl und die Spitzenauslastung des Parks prognostiziert, um die Bereiche angemessen dimensionieren zu können.“ Die zentralen Elemente im Park wie Attraktionen, gastronomische Einrichtungen, Verkaufsstände sowie Begrüßungsshows, Paraden und andere Shows werden entsprechend der optimalen Lenkung von Besucherströmen positioniert und koordiniert.“

Für die Gestaltung von Abenteuerparks ist also zum einen Vorstellungskraft notwendig, um eine Fantasiewelt zu schaffen. Zum anderen ist ein mathematisches Verständnis erforderlich, um stark frequentierte Bereiche sinnvoll zu konzipieren. Daraus ergibt sich genau jener umfassende Ansatz für das Landschaftsdesign, den sich Mazzonetto als Student gewünscht hatte.

Was Achterbahnen betrifft, so Mazzonetto, hat er seine ursprüngliche Scheu um seiner Karriere willen überwunden. „Ich habe die verlorene Zeit wieder aufgeholt“, scherzt er.