Wie lassen sich mehr Frauen ins Baugewerbe holen? Mit Programmen zur Wiedereingliederung!

Baufirmen, die nach neuen Wegen suchen, um weibliche Arbeitskräfte zu rekrutieren, könnten auf Programme zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben zurückgreifen, da sie sich in zahlreichen Branchen als effektiv erwiesen haben.

Illustration von Rae Scarfó

In den frühen 2000ern haben Finanzdienstleister Wiedereingliederungspraktika entwickelt. Ähnlich wie die Bauindustrie sind sie mit folgendem Problem konfrontiert: Frauen haben ihre Karriere in der Branche begonnen, doch bevor sie in Führungspositionen aufsteigen konnten, verließen sie ihr Unternehmen.

Diese bezahlten Praktika (in der Regel mit zusätzlichen Leistungen) wurden für Frauen entwickelt, die wegen der Betreuung ihrer Kinder oder alternden Eltern aus der Arbeitswelt ausgestiegen sind. Sie bieten Frauen die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten mit Mitarbeitern des Unternehmens auszubauen und sich mit anderen Wiedereinsteigerinnen zu vernetzen.

Auch in anderen Branchen wird das Konzept vermehrt angewendet. 2015 schloss sich die Society of Women Engineers mit iRelaunch zusammen, einer Organisation, die Unternehmen bei der Entwicklung von Programmen zur Wiedereingliederung berät. Gemeinsam riefen sie die STEM Reentry Task Force ins Leben, um Ingenieurinnen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern.

Bereits 30 Unternehmen, darunter Caterpillar, CMD Smith und Cummins, unterstützen auf diese Weise Menschen, die seit einigen Jahren nicht mehr in ihrem Bereich arbeiten. Eine Lücke im Lebenslauf ist vielen Personalverantwortlichen immer noch ein Dorn im Auge. Dennoch gelang es 86 % von den insgesamt 600 Personen, die zwischen 2015 und 2019 an einem solchen Programm teilgenommen haben, wieder einen Vollzeitjob zu ergattern.

Laut Jennifer Abman Scott, Vizepräsidentin für strategische Partnerschaften und Co-Direktorin der STEM Reentry Task Force, verdeutliche die hohe Einstellungsrate dieser Programme, dass es eine unangetastete Quelle an Arbeitskräften gebe, die wieder ins Arbeitsleben einsteigen möchten. Meist sind es Frauen, die über die Programme wieder ins Arbeitsleben einsteigen, aber auch Männer wählen diesen Weg.

„Wer einmal Ingenieur ist, wird immer Ingenieur bleiben“, so Scott. „Man verlernt nie, Ingenieur zu sein. Es ist ein Teil der Identität.“

Männerdomänen

Trotz zahlreicher Bemühungen, Frauen für eine Karriere als Architektin, Ingenieurin oder Bauarbeiterin zu begeistern, bleiben diese Bereiche auch weiterhin von Männern dominiert.

Laut dem American Institute of Architects machen Frauen nur knapp 17 % aller registrierten Architekten aus. Nach Angaben der Society of Women Engineers sind sogar nur 13 % der Ingenieure weiblich. Und die National Association of Women in Construction gibt an, dass lediglich 9 % der Mitarbeiter auf der Baustelle in den USA Frauen sind.

Scott ist der Meinung, dass es auf dem gesamten Karrierepfad Fallstricke für Frauen gibt. Es ist bereits schwierig, junge Mädchen für Bereiche wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu begeistern. Und jene, die sich in diese Bereiche wagen, erwarten noch viele weitere Hürden.

Vielleicht sind sie die einzige Frau in ihrem Team. Möglicherweise gibt es im Unternehmen keine weiblichen Führungskräfte, die als Mentorinnen fungieren könnten. Oder der Arbeitgeber ist nicht flexibel genug, sodass Mitarbeiterinnen Familie und Beruf unter einen Hut bringen können. Also kündigen sie.

Die COVID-19-Pandemie hat die Anzahl der aus dem Arbeitsmarkt verdrängten Frauen stark erhöht. Laut einem Bericht der Rand Corporation waren im September 2020 rund 2,2 Millionen Frauen weniger berufstätig als ein Jahr zuvor. Einigen wurde gekündigt, aber viele sahen sich gezwungen, selbst die Kündigung einzureichen, da ihnen aufgrund der Schließungen von Schulen und Kindertagesstätten keine andere Wahl blieb.

Strategie: Programme zur Wiedereingliederung

Bauunternehmen müssen in Zukunft versuchen, den allgegenwärtigen Gender-Gap zu schließen und den Verlust von weiblichen Arbeitskräften während der Pandemie auszugleichen. Kreativität ist für den Aufbau einer vielfältigeren Mitarbeiterschaft und Führungsriege äußerst wichtig. Hier kommen Programme zur Wiedereingliederung ins Spiel.

Carol Fishman Cohen, Mitbegründerin von iRelaunch, erklärt: „Diese Programme haben sich für die Unternehmen zu einer Quelle entwickelt, die sie kontinuierlich mit hochqualifizierten Arbeitskräften in Kontakt bringt.“

Die Programme dauern in der Regel zwischen 12 Wochen und 6 Monaten und richten sich vor allem an Personen, die seit mindestens zwei Jahren nicht mehr berufstätig waren. Die Teilnehmer werden bezahlt und erhalten in manchen Fällen auch eine Krankenversicherung oder andere Leistungen. Ziel ist dabei immer die Festanstellung beim Abschluss des Programms.

Mancherorts handelt es sich um Programme, die einem Praktikum ähneln. Andere Programmansätze sehen eine sofortige Direktanstellung im Unternehmen vor. Einige Betriebe finden in der Jobbörse von iRelaunch geeignete Kandidatinnen und ermöglichen Teilnehmerinnen nach und nach den Wiedereinstieg. Die meisten Programme umfassen Schulungen und Unterstützungsmaßnahmen, die es den Rückkehrerinnen ermöglichen, ihre Fähigkeiten auszubauen und sich mit anderen Wiedereinsteigerinnen zu vernetzen.

Cohen und Scott haben mit uns einige wertvolle Tipps für den erfolgreichen Aufbau solcher Programme geteilt und dabei so manches Vorurteil widerlegt.

Suchen Sie sich einen Unterstützer und fangen Sie klein an

Holen Sie sich eine Person aus der Unternehmensführung mit an Bord, die sich bei Schwierigkeiten für das Projekt einsetzt, empfiehlt Cohen. Und fangen Sie klein an. „So klein, dass Sie alle Faktoren gut kontrollieren können“, rät sie. „Nach einigen Erfolgsgeschichten werden sich auch weitere Manager für die Initiative einsetzen. So kann das Programm kontinuierlich wachsen.“

Halten Sie Ausschau nach Wissbegierigen

Am geeignetsten sind Kandidatinnen, die sich laufend weitergebildet und Kurse absolviert haben, relevanter ehrenamtlicher Arbeit nachgegangen sind oder ein Online-Portfolio eingerichtet haben, um bisherige Arbeitserfahrungen zu präsentieren. „Für mich ist es nicht so entscheidend, ob jemand jedes neue Tool beherrscht,“ sagt Cohen. „Viel wichtiger ist es, dass jemand bereit ist, das zu lernen, was sie noch nicht kann.“

Ändern Sie Ihre Einstellungen über Fähigkeiten

So mancher Manager und Personalverantwortlicher befürchtet, dass die technischen Fertigkeiten der Rückkehrerinnen nicht auf dem aktuellsten Stand sind. Scott empfiehlt in diesem Fall eine veränderte Sicht auf die Dinge.

„Firmen kümmern sich ohnehin um die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter, nicht wahr?“, fragt sie. „Viele Kandidatinnen bringen bereits Berufserfahrung mit und würden zur Vielfalt beitragen und die Inklusionsbemühungen des Unternehmens untermauern. Bei diesen Personen ist es nicht mehr notwendig, Kenntnisse zu vermitteln, die sich auf die Arbeit in oder das Führen von Teams beziehen. Sie sind bereits verhandlungssicher und verfügen über die entsprechenden Fähigkeiten. Lediglich ihr Wissen um die technischen Lösungen, die im Unternehmen eingesetzt werden, muss unter Umständen aufgefrischt werden. In vielen Organisationen sind die Voraussetzungen dafür aber bereits gegeben.“

Machen Sie sich keine Sorgen über den erneuten Verlust der Mitarbeiterinnen

Oft wird auch befürchtet, dass sich Rückkehrerinnen nach einiger Zeit erneut aus dem Arbeitsleben verabschieden würden. Scott hält dies hingegen für unwahrscheinlich. „Sie haben bereits eine Pause eingelegt“, so Scott. „Das ist erledigt. Diese Kandidatinnen werden dem Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit am längsten erhalten bleiben.“

Verkaufen Sie es als Personalrekrutierungs- und Mitarbeiterbindungsstrategie

Programme zur Wiedereingliederung bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihr Personal zu diversifizieren. Insbesondere gilt dies für Stellen im mittleren und höheren Management, die bisher nur selten von Frauen bekleidet wurden. Jüngere Mitarbeiter, die ebenfalls keine geradlinige Karriere anstreben, können dank der Etablierung solcher Programme zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Immerhin planen laut dem internationalen Personaldienstleister ManpowerGroup 84 % aller Millennials eine Unterbrechung ihrer Karriere, unter anderem für Elternzeit, ein ehrenamtliches Engagement, die Erfüllung eines Lebenstraums oder für längere Reisen.

Jene, die eine Karrierepause in Erwägung ziehen, fühlen sich von Programmen zur Wiedereingliederung angesprochen, denn sie senden die Botschaft „Der Weg zurück steht auch dir offen“, so Scott. „Wir haben von jüngeren Mitarbeitern gehört, dass sie es wirklich stolz macht, in einem solchen Unternehmen zu arbeiten.“

Frauen verändern die Bauindustrie