Wir feiern Frauen im Ingenieurwesen

Der 23. Juni ist der Internationale Tag der Frauen in Ingenieurberufen. An diesem besonderen Tag werden die Kompetenzen von Ingenieurinnen hervorgehoben. Gleichzeitig wird ein besonderes Augenmerk auf das Ingenieurwesen als potenzieller Berufsweg für junge Frauen gelegt, die sich eine Karriere in der Branche zwar vorstellen können, jedoch davon ausgehen, dass es sich dabei um eine reine Männerdomäne handelt.

In diesem Monat wird der Internationale Tag der Frauen in Ingenieurberufen 2021 abgehalten. Die Veranstaltung wird von der Women’s Engineering Society ausgerichtet und findet am 23. Juni statt. In diesem Jahr liegt der Fokus auf der Arbeit von Frauen im Ingenieurswesen auf der ganzen Welt, die angesichts der COVID-19-Pandemie Beeindruckendes geleistet haben, sowie auf ihrem tagtäglichen Einsatz zur Verbesserung von Lebensrealitäten und Lebensgrundlagen. 

Laut des WES – ein in Großbritannien ansässiges gemeinnütziges Berufsnetzwerk für Frauen im Ingenieurwesen sowie für Wissenschaftlerinnen und Technikerinnen – hebt der Internationale Tag der Frauen in Ingenieurberufen „die besten, klügsten und mutigsten Frauen im Ingenieurwesen hervor, die Probleme erkennen und sich tatkräftig an eine Lösung wagen, die alltägliche ‚Heldentaten‘ vollbringen und auch in Notfällen mutig einzugreifen wissen“. 

Die Geschäftsführerin von WES, Elizabeth Donnelly, fügt hinzu: „Dieser Tag rückt Ingenieurinnen auf der ganzen Welt in den Fokus, und das in einer Branche, in der sie nach wie vor unterrepräsentiert sind.“ 

„Zudem ist der Tag bislang die einzige Plattform dieser Art und kann einen großen Beitrag dazu leisten, mehr Mädchen und junge Frauen zu bestärken, eine Karriere im Ingenieurwesen zu verfolgen.“ 

Wir brauchen mehr Bestärkung 

Zurzeit scheint eine solche Bestärkung dringend notwendig zu sein. Laut den Statistiken, die das WES auf der Grundlage eines von Engineering UK veröffentlichten Berichts ausgewertet hat, lag der Prozentsatz an Frauen im Ingenieurwesen im Vereinigten Königreich im Jahr 2018 bei nur 12,4 %. Dies ist ein wenig mehr als im Jahr 2017, als der Prozentanteil bei nur 11 % lag. Insgesamt verdienen nur knapp über 22 % aller berufstätigen Frauen ihren Lebensunterhalt im Ingenieurwesen, wobei diese Zahl bereits alle Frauen einschließt, die in spezialisierten technischen Rollen tätig sind. 

Die Situation könnte jedoch ganz anders aussehen. In der Schule schneiden junge Frauen in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in der Regel besser ab als ihre männlichen Mitschüler. Der Bericht von Engineering UK hat in Bezug auf die britischen „A-Levels“ (vergleichbar mit dem Abitur) hervorgehoben, dass Mädchen in allen A-Level-Prüfungen in den MINT-Fächern außer im Fach Chemie eher Noten von A* bis C (vergleichbar mit „Sehr gut“ bis „Befriedigend“) erhalten als Jungen. Diese Statistik berücksichtigt die Fächer fortgeschrittene Mathematik, Mathematik, Informatik sowie Design und Technologie. 

Wenn man sie nach einer möglichen Karriere im Ingenieurwesen fragt, gibt allerdings weniger als die Hälfte (46 %) aller Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren an, sich eine berufliche Zukunft in der Branche vorstellen zu können. Im Vergleich hierzu geben nahezu drei Viertel (70 %) der Jungen an, dass sie eine Arbeit im Ingenieurwesen in Betracht ziehen. 

Mit Blick auf diese Zahlen wird deutlich: Der Wirtschaft und unserer Gesellschaft im Allgemeinen entgehen die Fähigkeiten und Kenntnisse zahlreicher Frauen, die ihre Talente in eine Branche einbringen könnten, die traditionell als Männerdomäne gilt. Die Vordenker der Unternehmenswelt wissen jedoch ganz genau, wie wichtig Vielfalt ist. Laut einem Bericht von McKinsey & Company ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen eine bessere Leistung erbringt, bei einer hohen Geschlechtervielfalt im Unternehmen um 15 % höher als bei Unternehmen mit einer weniger vielfältigen Belegschaft. 

Frauen gehen Probleme gedanklich anders an  

Laut Donnelly bringen Frauen eine Vielfalt an neuen Denkweisen an den Arbeitsplatz. „Da Frauen nicht über die gleiche körperliche Stärke wie Männer verfügen, haben sie gelernt, anders an Probleme heranzugehen.“  

„Als beispielsweise ein Team von Frauen mit dem Wechsel einer CNC-Maschine, die es nicht heben konnte, beauftragt wurde, gestalteten die Frauen den Wechselvorgang im Handumdrehen um: Anstelle der üblichen Wechselzeit von vier Stunden entwickelten sie ein Verfahren, das nur 90 Minuten dauerte – und kein einziges Mal ein manuelles Anheben der Maschine erfordert.“  


„Diese neue Herangehensweise ist natürlich auch für Männer in der Branche vorteilhaft: Zum einen erfordert das Verfahren weniger Zeit – was im Umkehrschluss eine erhöhte Produktivität bedeutet – und zum anderen verringert sie das Risiko körperlicher Verletzungen. Diese veränderte Denkweise geht weit über die Lösung rein körperlicher Herausforderungen hinaus und sorgt dafür, dass verschiedenste Probleme aus einer neuen Perspektive angegangen werden, was wiederum zu reichhaltigen Lösungen führt.“ 

Donnelly hebt hervor, dass Frauen eine Perspektive einbringen, die oftmals leichtfertig übergangen wird. „Bereits die einfache Frage, warum im Alltag zahlreiche Gegenstände im wahrsten Sinne des Wortes so hoch platziert werden, dass Frauen nicht an sie herankommen, würde zu Veränderungen führen, von denen 50 % der Bevölkerung profitieren würden“, merkt sie an. 

Die Problematik des Gender-Pay-Gaps

Ein Bereich, in dem Frauen im Ingenieurwesen in einer besseren Position zu sein scheinen als ihre Kolleginnen in anderen Gebieten der Industrie und allgemeinen Wirtschaft, ist die Bezahlung. 

Einem Bericht der Royal Academy of Engineering (RAE) zufolge beträgt das durchschnittliche geschlechtsspezifische Lohngefälle im Ingenieurwesen 11,4 %. Auf das gesamte Vereinigte Königreich bezogen liegt es bei 17,3 %.  

Obwohl dieser Prozentsatz geringer als befürchtet ausfällt, bleibt der Gender-Pay-Gap immer noch deutlich ersichtlich. Im Bericht der RAE wird diesbezüglich festgehalten, dass für die Beseitigung dieses Lohngefälles „erhebliche Anstrengungen innerhalb des Ingenieurswesens erforderlich sind.“ 

Die RAE fordert Maßnahmen, „die über die Bewältigung der anfänglichen Einstellungsprobleme hinausgehen. Um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu beseitigen, müssen wir uns intensiv mit der Weiterbeschäftigung und der Beförderung von Frauen in höhere und besser bezahlte Positionen auseinandersetzen.“ 

Der Gender-Pay-Gap könnte auch dadurch verringert werden, dass mehr Frauen in den Ingenieursberuf einsteigen. Die Entwicklung in diesem Bereich wird von der RAE jedoch bislang als „enttäuschend langsam“ beschrieben. 

Donnelly vom WES würde sich über eine höhere Anzahl an Frauen in der Branche sehr freuen. 

Die geringe Anzahl an Frauen ist die Hürde für die Steigerung des Frauenanteils

„Die größte Hürde, der Frauen in unserem Bereich gegenüberstehen, ist die geringe Anzahl an Frauen in der Branche. Dies führt nämlich dazu, dass männliche Ingenieure, Studenten und Auszubildende häufig die Kompetenz von Frauen zur erfolgreichen Ausübung des Berufs in Frage stellen. Das geschieht im Ingenieurswesen in einer Art und Weise, die in anderen Feldern, wie z. B. in der Medizin, nicht vorkommt,“ erklärt sie.  

Donnelly erläutert darüber hinaus, dass Männer so an die Dominanz von anderen andere Männern im Ingenieursberuf gewohnt sind, dass sie glauben, Frauen könnten diesen Beruf gar nicht ausüben.  

„Dabei ist das Gegenteil der Fall: Ingenieurinnen müssen sehr entschlossen und beharrlich sein, wenn sie in diese Branche einsteigen möchten. Deshalb sind sie unserer Auffassung nach in der Regel besonders intelligente Fachkräfte, für die es ein Leichtes ist, mit ihren männlichen Kollegen Schritt zu halten“, so Donnelly. 

Sie führt weiter aus, dass Frauen zu mangelndem Selbstvertrauen neigen und bei Beförderungen oftmals übersehen werden, „da sie sich nicht zu Wort melden. Manager im Ingenieurswesen sollten dies berücksichtigen und proaktiv auf fachkundige, talentierte Frauen zugehen, die für ihren beruflichen Aufstieg nur ein wenig bestärkt werden müssten.“ 

Letztendlich gilt es im Ingenieurwesen darum, qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Ingenieur oder eine Ingenieurin handelt. „In diesem Zusammenhang spielt das Geschlecht gar keine Rolle“, schließt Donnelly.  

Die richtige Botschaft verbreiten 

„Frauen werden in vielfältiger Art und Weise Botschaften darüber vermittelt, in welchem Bereich sie gut sein könnten, sollten, oder es sind. Solche Botschaften führen dazu, dass Frauen sich gegen eine Karriere im Ingenieurwesen entscheiden.“  

„Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir von vornherein eine hohe Zahl fantastischer Ingenieurinnen verlieren, da sie nie die Chance haben, ihr Potenzial auszuschöpfen. Glücklicherweise haben die meisten Unternehmen dies inzwischen erkannt und setzen Maßnahmen um, die dafür sorgen, dass mit der veralteten Vorstellung des Ingenieurwesens als Männerdomäne langsam aber sicher gebrochen wird.“ 

Donnelly erläutert weiter: „Organisationen wie das WES rücken Vorbilder im Ingenieurswesen in den Fokus, um Frauen, die sich im Studium oder am Anfang ihrer Karriere befinden, ihre Möglichkeiten in der Branche aufzuzeigen.“ 

Wir hoffen, dass der Internationale Tag der Frauen in Ingenieurberufen 2021 seinen Beitrag dazu leistet, Frauen in der Branche zu bestärken. Schließlich profitieren nicht nur die Frauen selbst von einer solchen Entwicklung, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen am 23. Juni finden Sie auf folgender Website.

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