Wenn Sie ins Labor von Professor Lars Berglund kommen und einen Blick auf das Holz werfen, das dort hergestellt wird, wird Ihnen auffallen, dass es lichtdurchlässig ist. Vergessen Sie Eiche, Ahorn oder Kirsche – dieses Holz sieht aus wie eine Plastikfolie.
Berglund hat es für ebendiesen Effekt modifiziert, indem er das Holz vom Lignin befreit und durch ein optisch kompatibles Polymer ersetzt hat. So hat er einen Verbundwerkstoff geschaffen, der die Innenbeleuchtung wie natürliches Licht aussehen lässt. Darüber hinaus kann das Material statischen Gefüge beitragen, die Heiz- und Kühlkosten senken sowie die Energieeffizienz eines Gebäudes steigern.
Es ist beeindruckend, was Nanotechnologie heutzutage für das Bauwesen leisten kann.
Umweltfreundliche Werkstofftechnologie
Berglunds Interesse an Polymeren und Kunststoffen wurde im Rahmen einer „inspirierenden“ Vorlesung im Grundstudium entfacht. Dies brachte seine Karriere auf einen Kurs, der mit der Arbeit an Kohlefaserverbundstoffen für die Luft- und Raumfahrt seinen Anfang nahm. Nachdem er dieses Fach dann mehr als ein Jahrzehnt lang unterrichtet hatte, wechselte er an die Königliche Technische Hochschule von Schweden und widmete sich den Holzverbundstoffen. Heute leitet Berglund zudem das von der Europäischen Kommission geförderte Projekt WoodNano Tech, das 2017 initiiert und bis 2022 finanziert wird.
Warum ist Holz so gut geeignet für Nanotechnologie?
„Um Beton oder all die Kunststoffe, die den Markt dominieren, überhaupt erst herstellen zu können, ist viel Energie erforderlich“, so Berglund. „In diesem Fall erledigt aber der biologische Organismus die Arbeit für uns. Es bedarf also nicht nur keiner Energie, um das Material zu produzieren, sondern es speichert auch Kohlendioxid aus der Luft im Gewebe des Baumes. Das ist ein fantastischer Ausgangspunkt. Wir haben hier dieses unglaublich funktionale Material zum Bauen, das aus erneuerbaren Ressourcen besteht. Und es hat außerdem noch eine geringe graue Energie“.
Zwar gibt es „heutzutage einen großen Hype um die Nanotechnologie“, fügt Berglund hinzu, doch die meisten ihrer Anwendungen bezögen sich auf die Elektronik oder Photonik. Üblicherweise setzen Wissenschaftler eine „Bottom-up-Synthese“ ein, die von den Atomen ausgeht, um dann das Material, das sie herstellen, individuell anzupassen. Bei solchen Anwendungen entspräche eine große Struktur etwa der Größe einer Briefmarke.
Berglund und sein Team arbeiten jedoch mit einem Material, das bereits nanostrukturiert und durchlässig ist. „Das bedeutet, dass wir dies als Substrat für eine weitere Funktionalisierung nutzen können“, so Berglund. Der Verbundstoff kann mit zusätzlichen Funktionswerkstoffen infiltriert werden und zwar in großem Umfang.
„In Zukunft wäre es möglich, dass riesige Strukturen auf Nanotechnologie basieren und teilweise sogar mit den etablierten industriellen Verfahren bearbeitet werden können“, sagt Berglund.
Ein leuchtender Aha-Moment
Bisher wurden für die Beleuchtung eine Lichtquelle und ein Diffusor eingesetzt, der das Licht streut und weichmacht. Der Grad der Helligkeit variiert jedoch von Raum zu Raum. Die innere Struktur von Holz begünstigt ein gewisses Maß an natürlicher Streuung, die sich das Forschungsteam zunutze gemacht und verwertet hat. Das Ergebnis ist ein Raum, der gleichmäßiger und angenehmer beleuchtet ist und in dem es keine Bereiche gibt, in denen das Licht zu grell oder zu schwach ist.
Berglund fokussiert sich in diesem Bereich auf die Integration von Quantenpunkten in diese natürliche Holzinfrastruktur. Die Punkte sind Halbleiteratome, die fluoreszieren, wenn sie UV-Licht ausgesetzt werden. Berglund benutzte eine Analogie, die dabei hilft, das Konzept besser zu verstehen: Fernseher von Samsung verwenden Quantenpunkte, um ein helleres Licht zu erzeugen. Indem Berglund und sein Team LEDs in ihren Holzverbundstoff integrieren, kann eine ganze Wand oder Decke zu einer Quelle werden, die das Licht gleichmäßig verteilt und gleichzeitig energieeffizienter ist.
„Wir haben dieses Holzsubstrat. Wir haben das Lignin entfernt. Wir setzen ein Polymer ein, woraufhin sich die Quantenpunkte in diesem starren Polymer verteilen“, sagt Berglund. „Dadurch werden sie Teil der gesamten Verbundstruktur.“
Zusätzliche Funktionalität
Der Verbundstoff mit eingebetteten LEDs dient auch als tragendes Element. „Durch das Holzgerüst ist diese Lichtquelle auch tragfähig“, sagt Berglund. „Es könnte in die Decke integriert werden und wäre somit Bestandteil der Tragwerksstruktur.“
Darüber hinaus haben Berglund und sein Team mit der Integration anderer Materialien als Polymere experimentiert und zwar mit Phasenwechselmaterial, das den Holzverbundstoff in einen Energiespeicher umwandeln kann. Diese Eigenschaft ist für Architekten von besonderem Interesse.
Berglund erklärt:
„Angenommen, wir haben ein transluzentes Paneel im Haus. In unserem Holzmaterial befinden sich folgende Partikel: das Polymer, das Holzsubstrat und jene des Phasenwechselmaterials. Wenn die Sonne durch das transparent-transluzente Holz scheint, erwärmt es sich. Ein Teil der Energie, die in das Haus gelangen sollte, wird dann beim Schmelzen dieser Partikel des Phasenwechselmaterials verbraucht.“
„Der erste Vorteil ist also, dass der Raum nicht so heiß wird, wie das sonst der Fall gewesen wäre. Wenn die Sonne untergeht, beginnen die geschmolzenen Partikel des Phasenwechselmaterials wieder zu kristallisieren. Dadurch geben sie Wärme ab. Wir konservieren einen Teil der Sonnenenergie und nutzen sie am Abend, wenn es sich abkühlt.“
All diese Fähigkeiten kommen von einem für das bloße Auge völlig unscheinbaren Stück transluzenten Kunststoffs. Das Erscheinungsbild fand angesichts der Bedeutung der Ästhetik in der Architektur ebenfalls die Aufmerksamkeit des Teams. Dem Verbundstoff wurde schließlich eine holzähnliche Oberflächenstruktur verliehen, um an das Grundmaterial Holz zu erinnern.
Smartere Innovationen
Berglund und sein Team experimentieren außerdem an smarten elektrochromen Fenstern. Auch hier kommen Polymere zum Einsatz, die als dünne Schicht aufgetragen werden. Mithilfe eines Schalters können sie die Menge des in einen Raum einfallenden Außenlichts und sogar die Farbe dieses Lichts steuern.
Der Vorteil gegenüber Vorhängen oder Jalousien besteht darin, dass die Sonneneinstrahlung von außen kontrolliert werden kann, ohne die Sicht zu versperren. Die Verdunkelung bzw. Beleuchtung kann sich allmählich entfalten. Es ist „eine elegantere Art“, die Lichtverhältnisse zu regulieren, so Berglund.
Die bisherige Arbeit wurde mit einigen Patenten anerkannt. Außerdem gebe es ein Unternehmen, das an der Entwicklung des grundlegenden Patents arbeitet, so Berglund. Es stehe ihm allerdings nicht frei, das Unternehmen beim Namen zu nennen. Außerdem geht er davon aus, dass es noch einige Jahre dauert, bis die ersten Produkte auf dem Markt verfügbar sind.
Die Kommerzialisierung ist allerdings nicht Berglunds Hauptanliegen. Seine Hauptmotivation ist vielmehr die von „Wissbegierde getriebene Forschung“. Und das funktioniert offensichtlich auch sehr gut.