Das Baugewerbe hat zweifellos sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene weitreichenden Einfluss. Wenn es aber darum geht, neue Methoden einzuführen, um die Produktivität, Effizienz und Qualität zu steigern, hinkt die Entwicklung des Sektors hinterher.
Laut Daten des britischen Statistikamtes (Office for National Statistics) ist die Produktivität der Baubranche in Großbritannien seit einigen Jahren schwankend – ein Problem, das die Branche erkennt und lösen will.
Die allgemeine Zielsetzung, die Produktivitätsraten und Qualitätsstandards in der Branche zu erhöhen, geht bis zu einem gewissen Grad mit der Einbindung moderner Methoden und neuer Arbeitsverfahren wie der Automatisierung einher.
Doch wie können diese Ziele erreicht werden? Welche Formen der Automatisierung können wir erwarten? Sind diese starr, vorprogrammiert oder flexibel? Könnte es auch eine Mischung aus allen dreien sein? Wer wird das entscheiden? Manchmal reicht die Anzahl der verschiedenen Optionen schon aus, um Köpfe zum Rauchen zu bringen.
Indessen herrscht in der Baubranche definitiv Aufbruchstimmung. Mark Farmer ist prominenter Befürworter einer neuen Denkweise. Schon oft wies er auf die Notwendigkeit hin, Praktiken zu verbessern und die Branche auf die kontinuierliche Übernahme neuer Technologien auszurichten.
Bedarf an Veränderungen
Farmer glaubt an Entwicklungen wie der Automatisierung. Bis der gesamte Bausektor jedoch mit an Bord ist und erkannt hat, was auf dem Spiel steht, wird der Fortschritt seiner Meinung nach unglaublich langsam sein. Er meint, dass Unternehmen in dieser Branche neue Fähigkeiten benötigen würden und Willen zeigen müssten, diese auch zu entwickeln.
Natürlich konnten schon einige Fortschritte verzeichnet werden. Die Dringlichkeit, neue Häuser zu bauen, führte beispielsweise dazu, dass modernere Bautechniken eingesetzt wurden.
Vormontierte Stahlrahmen oder Moduleinheiten werden etwa von Ilke Homes mithilfe verschiedener Formen der Automatisierung in der sicheren Umgebung einer Fabrik gebaut. Es kostet weniger Zeit, diese Bauteile zu liefern und vor Ort zu installieren, als ein Haus von Grund auf neu zu errichten. So werden einerseits Zeit und Kosten eingespart und andererseits sind die Gebäude schneller einzugsfertig.
In der Welt der Architektur übernehmen automatisierte Systeme inzwischen repetitive Aufgaben, die vorher von Menschen erledigt werden mussten. So haben Architekten mehr Zeit, sich wichtigeren Aufgaben zu widmen und ihre Kreativität auszuleben.
Anderswo nimmt der digitale Informationsaustausch allmählich zu. Dadurch können verschiedene Teams gleichzeitig auf wichtige Informationen eines Projekts zugreifen. Die verbesserte Zusammenarbeit kann ausschlaggebend sein, wenn es darum geht, den Zeit- und Budgetrahmen eines Projekts einzuhalten.
Wir haben gesehen, wie Robotik die Automobilindustrie revolutioniert hat. Ist eine ähnliche Entwicklung nun auch in der Baubranche durch die Automatisierung zu erwarten?
Modernisierung der Industrie
Mark Farmer betont, dass die Automatisierung eine wichtige Rolle bei der Modernisierung der Baubranche spielen könnte. Seiner Meinung nach würde allerdings der Fokus zu stark auf Technologien und Prozessen liegen. Diese müssten in allen Bereichen der Branche gegen digitale Fähigkeiten ausgewogen werden.
Dennoch gibt es einige Unternehmen, die sich allem Anschein nach der Automatisierung schon konsequent verschrieben haben. Das Unternehmen Construction Automation Ltd. in York hat verkündet, dass es das erste Haus aus Ziegeln und Blöcken mithilfe von Robotik in Großbritannien errichtet hat.
Das Ziel des Unternehmens sei es, den Bau von Ziegelhäusern zu automatisieren. Firmenchef David Longbottom behauptet, dass sein vierteiliger Maurerroboter „die Produktivität erhöht, zur Sicherheit beiträgt und die Qualität garantiert.“
Häuser, die von einem Roboter gebaut werden? Man möge meinen, das Ende des traditionellen Maurerhandwerks stünde bevor. Doch der britische Verband der Maurerbetriebe (Association of Brickwork Contractors) hat solche Gerüchte im Keim erstickt.
Wie steht es um die Arbeitsplätze?
Die zunehmende Automatisierung in der Bauindustrie gibt für viele unweigerlich Anlass zur Sorge, vor allem hinsichtlich möglicher Arbeitsplatzverluste. Schließlich geschah genau das während der ersten industriellen Revolution im späten 18. Jahrhundert, als in Nordengland Spinnmaschinen in Fabriken eingesetzt wurden.
Allerdings glauben nur wenige tatsächlich daran, dass Roboter und andere Formen der Automatisierung eine Gefahr für die menschliche Arbeitskraft darstellen würden. Laut einer Website ist die Wahrscheinlichkeit „sehr gering“, dass Bautechniker durch Roboter oder künstliche Intelligenz ersetzt würden.
Obwohl es aufgrund der Automatisierung in einigen Bereichen tatsächlich zum Abbau von Arbeitsplätzen kommen könnte, bieten Veränderungen der Berufspraxis letztendlich neue Möglichkeiten.
Die weltweit tätige Unternehmensberatungsgesellschaft McKinsey glaubt, dass die Automatisierung Beschäftigungsmöglichkeiten nicht einschränken würde, sondern vielmehr die Produktivität fördere. Neben dem globalen Bedarf an neuer und moderner Infrastruktur sowie an besserem und erschwinglicherem Wohnraum wird die Automatisierung laut McKinsey die Entwicklung der Branche beeinflussen. Allerdings räumt die Unternehmensberatung auch ein, dass diese Entwicklung nicht einfach werden wird.
Eines ist klar: Veränderungen sind unvermeidlich. Sie müssen vollzogen werden, damit die Bauindustrie, die stark in traditionelle Vorgehensweisen verhaftet ist, der wachsenden Nachfrage nach neuen und innovativen Gebäuden nachkommen kann.