Social-Media-Influencer im Bauwesen

Diese Bauexperten starten jetzt als Influencer mit ihren Unternehmen durch

Influencer gibt es längst nicht nur für Mode und Lifestyle. Auch diese Bauunternehmer nutzen ihre Online-Präsenz in den sozialen Medien, um ihr berufliche Netzwerk zu erweitern und ihr Baugeschäft auszubauen.

Illustration von Lindsay Gruetzmacher

Die Baubranche und das üppige Treiben von Influencern in den sozialen Medien – der Unterschied zwischen diesen zwei Welten könnte kaum gewaltiger sein.

In der einen herrschen Glamour und der schöne Schein, verkörpert durch Rollen und Persönlichkeiten, die mit der wirklichen Welt nicht unbedingt viel gemein haben. In der anderen widmen sich hart arbeitende Handwerker ganz handfesten Problemen und lösen sie gemeinsam im Team und unter den widrigen Bedingungen der Baustelle.

Doch für eine wachsende Zahl von Fachleuten in der Baubranche sind die beiden Welten zu einem mächtigen Gefüge fusioniert.

Während die meisten sogenannten Social-Media-Influencer die Plattformen nutzen, um Lifestyle-Marken oder Haute Couture zu präsentieren, haben einige Bauexperten in den sozialen Medien ihre eigenen Influencer-Profile erstellt und dabei festgestellt, dass die Dokumentationsarbeit und die Werbung für ihr Handwerk zugleich dazu dienen kann, berufliche Kontakte und das eigene Geschäft auszubauen.

Ein Publikum aufbauen

Bei Tim Uhler entsprang das Instagram-Profil Awesome Framers dem Wunsch, in die Welt der Fotografie einzutauchen. „Ich habe mit Instagram angefangen, weil ich mich für Fotografie interessiere, und das war sozusagen das einzige Angebot weit und breit“, sagt Uhler. „Ich fing an, gelegentlich etwas über Themen des Rohbaus zu posten, aber ich nahm es nicht allzu ernst.“

Instagram schien eher ein Ort für kreative Entdecker zu sein als ein Ort der beruflichen Bildung, fügt er hinzu.

Das änderte sich, als Uhler an einer Netzwerk-Veranstaltung teilnahm, bei der er einige der ersten Influencer der Baubranche kennenlernte. Diese inspirierten ihn dazu, sein Engagement in den sozialen Medien zu verstärken. „Ich bin sozusagen in die Videoarbeit hineingestolpert“, sagt Uhler. „Es handelte sich nur um kleine, kurze Videos, etwa über Methoden oder Werkzeuge, die wir damals verwendeten. Manchmal war es einfach nur über das, was wir an dem jeweiligen Tag zustande gebracht hatten. Und dann wurde das allmählich mehr.“

Kyle Stumpenhorst von Rural Renovators berichtet, dass er von seinen Kunden dazu angeregt wurde, seine Arbeit in den sozialen Medien zu präsentieren. „Ich habe festgestellt, dass meine Kunden mir nach Abschluss eines Auftrags regelmäßig sagten, sie wären von dem Ergebnis positiv überrascht“, so Stumpenhorst. „Sie haben nicht immer verstanden, was sie eigentlich genau zu erwarten hatten. Instagram wurde gerade richtig groß, und ich fand es eine gute Idee, meine Arbeit auf diese Weise meinen potenziellen zukünftigen Kunden zu zeigen.“

Über das Teilen von Fotos seiner Projekte auf Instagram konnte das Rural-Renovator-Team seine weitgehend unsichtbare Arbeitsweise präsentieren, die letztlich zum Endergebnis führte. „Ich dachte, wenn wir den Prozess unserer Arbeit mit anderen teilen, würden wir uns von den Leuten unterscheiden, die nur das schöne, fertige Bild zeigen“, sagt Stumpenhorst. „Ich wollte zeigen, dass wir anders sind, dass wir einen ganz eigenen Mehrwert bieten – und diesen meinen potenziellen Kunden auch fachlich vermitteln. Und über die sozialen Medien konnte ich das zu meinen Bedingungen und in meinem Tempo tun, und es hat mich lediglich meine Zeit gekostet.“

Die realen Auswirkungen des Erfolgs in den sozialen Medien

Die Nutzung der sozialen Medien entstammte eigentlich nur dem Wunsch, ihre Leidenschaft für das Bauwesen zu erkunden. Inzwischen haben beide aber gesehen, welche realen Auswirkungen diese Online-Welt auf ihre berufliche und geschäftliche Entwicklung haben.

„Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, an dem die sozialen Medien meine Arbeit zu einhundert Prozent bestimmen“, so Stumpenhorst. „Jeder, der zu mir kommt, hat sich bereits unsere Social-Media-Präsenz angesehen und weiß, welche Werkzeuge wir verwenden, welches Arbeitsumfeld wir pflegen und welche hohen Ansprüche wir an uns selbst stellen. Die sozialen Medien haben es mir ermöglicht, das Angebotsverfahren entspannter anzugehen und zu versuchen, dem Kunden zu erklären, was wir ihm alles bieten können. Mit diesem Wissen und Vertrauen in das Gespräch zu gehen, macht es einfach leichter.


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Für Uhler war die Dokumentation seiner Vorgehensweise für Bau und Konstruktion in den sozialen Medien auch der Anschluss an eine Familientradition in Sachen gemeinschaftsorientierter Bauen. „Mein Vater begann in den 1970er-Jahren mit dem Individualbau. Wir machen diese Art von Arbeit auch heute noch“, sagt er. „Wenn wir in der Lage sind, einen Rundgang durch ein neues Projekt zu zeigen oder zu dokumentieren, wie der Bauprozess abläuft, entsteht eine Beziehung, wenn man Kunden zum ersten Mal trifft. Wir haben Kunden, die den Bau des gesamten Hauses auf diese Weise verfolgen.“

Von Beginn eines Bauvorhabens an diene die Dokumentation in den sozialen Medien dazu, die Kunden am Fortgang ihrer eigenen Projekte viel besser zu beteiligen, sagt Stumpenhorst. „Die Kunden können uns in Ruhe dabei zusehen, wie wir bauen und wir können uns dabei die nötige Zeit nehmen, um ihr Vorhaben fachmännisch auszuführen“, sagt er. „Solche Kunden kommen hinterher und sagen: Ich bin mir sicher, dass wir deine Arbeit auch im Nachgang wertgeschätzt hätten, aber ich weiß es auf völlig andere Weise zu schätzen, seit ich sehen konnte, wie viel Arbeit dort hineingeflossen ist. Ich haben gesehen, wie es vor meinen Augen Gestalt annahm.“

Inspiration im Internet

Uhler und Stumpenhorst haben festgestellt, dass die Bau-Community im Internet nicht nur Kontakte zu Kunden herstellt, sondern wertvolle fachliche Unterstützung leisten und geschäftliches Wachstum generieren kann, sofern man über die Community mit anderen Branchenexperten in Austausch tritt.

„Mein Eindruck ist, dass sich die Community auf Instagram gegenseitig unterstützt“, sagt Uhler. „Ich poste einen Beitrag über ein Projekt, und ein paar Leute kommentieren, wie man es noch besser machen kann.“

„Das ist das Schöne an den sozialen Medien“, verrät Stumpenhorst weiter. „Die Leute sind immer bereit, dir aufzuzeigen, was du falsch machst. Viele Leute ziehen über sogenannte Hater und all jene her, die deine Arbeit schlecht machen. Aber ich nutze die Gelegenheit gern, um mit etwas Abstand die Frage aufzuwerfen: Haben wir hier einen berechtigten Kritikpunkt? Sollte ich das näher unter die Lupe nehmen? Finde ich vielleicht eine bessere Lösung für das Problem? Ich habe viele, viele Konstruktionen angepasst, weil ich auf andere Leute gehört habe, die auch solche Inhalte posten.“

Stumpenhorst sagt, dass die Online-Community ein Ort sein kann, an dem Bauexperten zusammenkommen, um Erfahrungswerte zu teilen und branchentypische Probleme zu lösen. „Die Community in den sozialen Medien geht an die Grenzen und bringt Bildungsinhalte unter die jungen Leute“, findet er. „Die Jungen beobachten und lernen. Es ist toll, Nachrichten von Leuten zu erhalten, die mir Bilder von ihrem ersten Gebäude schicken.“

Uhler ist zudem begeistert davon, wie über die sozialen Medien Baufachleute aus der ganzen Welt zusammenkommen. Sie verbinden Menschen, die sonst vielleicht nie in Kontakt gekommen wären, und bringen Bauexperten und Methoden zusammen, welche Kontinente voneinander entfernt liegen.

„Da sind Männer, Frauen, Menschen aus der ganzen Welt, die verschiedene Sprachen sprechen, und es macht einfach Spaß, zu sehen, wie unterschiedlich die Menschen an die Dinge herangehen“, sagt er. „Wir haben hier im Pazifischen Nordwesten eine sehr spezifische Art des Bauens, die nicht unbedingt auf den Osten, den mittleren Westen oder Kanada übertragbar ist. Von der Möglichkeit, aufgrund der regionalen Unterschiede einen neuen Ansatz zu finden, profitieren letztlich wir alle. Es fühlt sich mehr wie eine Gemeinschaft als ein Wettbewerb an.“

Hope Renovations

Der Modeschweißer lässt grüßen