Change Management für die Einführung von Technologien

Wie können Führungskräfte im Baugewerbe die Einführung von Technologien anregen?

Mitarbeiter:innen zur Übernahme neuer Technologien oder zur Veränderung eines Prozesses oder einer Verhaltensweise zu bewegen, ist nie einfach, aber mit diesem Modell haben es Führungskräfte im Baugewerbe leichter.

Illustration von Rae Scarfó

Stellen Sie sich vor, dass eine Veränderung ansteht. Sie als Leiter:in eines Bauunternehmens planen Ihre Kommunikation dazu und haben unterstützende Materialien und häufig gestellte Fragen beigefügt. Die Verteilerliste ist fertig.

So ungefähr könnte Ihre Nachricht aussehen:

„Ab dem (Datum einfügen) wechseln wir zu (Veränderung einfügen). Im Anhang finden Sie weitere Informationen dazu sowie Antworten auf Fragen, die Sie möglicherweise haben.“

Wie hoch war Ihre Erfolgsquote an Ihrem genannten Einführungsdatum? Es mag sein, dass einige die Veränderung umgesetzt haben, aber viele andere nutzen wahrscheinlich noch die alte Methode. Warum ist es so schwierig, alle gleichzeitig auf den selben Stand zu bringen?

Weil Veränderungen eine individuelle Sache sind – egal, ob es dabei um die Einführung einer neuen Technologie oder eines Ablaufs oder um die Veränderung einer Verhaltensweise der Mitarbeiter:innen am Arbeitsplatz geht.

Aber was bedeutet das genau?

Es ist durchaus üblich, dass ein Unternehmen bei der Umsetzung von Veränderungen einen einheitlichen Ansatz verfolgen. Solche Ansätze berücksichtigt jedoch nicht die Individualität jeder einzelnen Person, welche die Veränderung umsetzen muss.

Als Expertin für Change Management nutze ich zur Umsetzung von Veränderungen seit Jahren einen Prozess, der sich an den einzelnen Mitarbeiter:innen als Individuen orientiert.

Dieser Prozess, der von Prosci entwickelt wurde und ADKAR genannt wird, sieht fünf Phasen vor, die jede/r Mitarbeiter:in im Zuge einer Veränderung erfolgreich durchlaufen muss.

Diese fünf Phasen – und ihre Ziele – sind Folgende:

  • Awareness (Bewusstsein): Jede/r Mitarbeiter:in muss verstehen, warum die Veränderung notwendig ist.
  • Desire (Wunsch): Jede/r Mitarbeiter:in muss sich dafür entscheiden, sich auf die Veränderung einzulassen.
  • Knowledge (Wissen): Jede:r Mitarbeiter:in muss wissen, wie er die Veränderung umsetzen kann.
  • Ability (Können): Jede/r Mitarbeiter:in muss zeigen, dass er in der Lage ist, die Veränderung umzusetzen.
  • Reinforcement (Verankerung): Jede/r Mitarbeiter:in muss in seinem Verhalten bestärkt werden, damit er es beibehält.

Wenn ich mit einem Team zusammenarbeite, das eine Veränderung einführen will, beziehe ich mich oft auf die einzelnen Schritte von ADKAR und wir machen ein Brainstorming darüber, was die Botschaften für jeden Schritt beinhalten könnten. Es sollte beachtet werden, dass ADKAR ein linearer Prozess ist: Man kann beispielsweise nicht das Erreichen des Bewusstseins überspringen und erwarten, dass ein/e Mitarbeiter:in direkt zum Wunsch springt.

Wenn er/sie sich dafür entscheidet, sich auf die Veränderung einzulassen, hängt diese Entscheidung auch mit seinem/ihrem Verständnis dafür zusammen, warum die Veränderung überhaupt notwendig ist.

Persönliche Gestaltung von Veränderungen

Werfen wir mithilfe eines praktischen – und persönlichen – Anwendungsbeispiels einen genaueren Blick auf die Sache.

Vor fünf Jahren, als meine Tochter etwa drei Jahre alt war, hatten mein Mann und ich unglaubliche Schwierigkeiten, sie davon abzuhalten, an ihren Haaren zu kauen. Sie griff nach ihren vorderen Haarsträhnen und kaute sie einfach ab, sodass die Haare dort viel kürzer waren als ihre restlichen Haare.

Es war unglaublich frustrierend. Mein Mann und ich versuchten alles, was wir konnten – oder zumindest dachten wir das.


EBENFALLS AUF BUILT:


Wir sagten ihr, dass es nicht gut für sie sei, an ihren Haaren zu kauen (Bewusstsein). Wenn wir sie dabei erwischten, versuchten wir, ihr Verhalten in eine positive Richtung zu lenken – denk daran, es ist nicht gut für dich oder deine Haare (Verankerung).

Wir waren sogar verzweifelt genug, ihr etwas Pfefferwasser auf die Haare zu sprühen, um das Verhalten negativ zu verstärken.

Nichts davon half.

Etwa zu dieser Zeit schloss ich meine Prosci-Zertifizierung ab und lernte, dass man die ADKAR-Technik dazu nutzen konnte, jede beliebige Person durch eine Veränderung zu führen und nicht nur meine Arbeitskollegen. Also setzte ich mich hin und analysierte das Verhalten meiner Tochter durch die ADKAR-Linse.

  • Awareness (Bewusstsein): Mit Sicherheit wusste sie, dass wir nicht wollten, dass sie an ihren Haaren kaute.
  • Desire (Wunsch): An diesem Punkt gingen wir davon aus, dass sie denselben Wunsch hatte wie wir. An den Haaren kauen ist nicht gut. Es ist nicht hygienisch und die Haare werden davon feucht und eklig. Das sollte doch ein guter Grund sein, um damit aufzuhören, oder?
  • Knowledge (Wissen): Sie war alt genug, um zu wissen, wie man nicht an den Haaren kaute.
  • Ability (Können): Wir wussten, dass sie in der Lage war, nicht an ihren Haaren zu kauen. Es gab viele Momente, in denen sie es nicht tat.
  • Reinforcement (Verankerung): In diesem Bereich waren wir schon ziemlich weit, sowohl positiv als auch negativ.

Warum also konnten wir sie nicht dazu bewegen, damit aufzuhören?

Eines Tages sagte meine Tochter zu mir, sie wolle ihre Haare unbedingt „super lang wie die von Rapunzel“ wachsen lassen.

Plötzlich legte sich in meinem Gehirn ein Schalter um.

In unserem Ansatz für diese Veränderung war der Wunsch unser Wunsch für sie gewesen. In diesem Moment wurde mir klar, dass ihr Wunsch einfach der war, so lange Haare zu haben wie Rapunzel.

Deshalb sagte ich zu ihr: „Weißt du, damit du Haare haben kannst wie Rapunzel, musst du aufhören, an deinen Haaren zu kauen. Rapunzels Haare sind überall lang. Und wenn du weiter an deinen kaust, muss Mami sie immer schneiden, damit sie mit den ganzen kurzen Strähnen trotzdem ordentlich aussehen.“

Man konnte förmlich sehen, wie ihr das klar wurde. Das war das fehlende Puzzleteil. Ihr Traum war es, wie Rapunzel auszusehen, und jetzt wusste sie, dass das nicht ging, solange sie nicht aufhörte, an ihren Haaren zu kauen. Danach waren nur noch wenige Bestärkungen erforderlich, um sie daran zu erinnern, es nicht zu tun.

Mir ist natürlich klar, dass „Rapunzel“ für Ihre Mitarbeiter:innen auf dem Bau kein besonders guter Wunschauslöser ist. Trotzdem, welche Rapunzel-Momente erleben Sie zurzeit? Verpassen Sie wichtige Kommunikationsmöglichkeiten, um mit den Mitarbeiter:innen, die Sie führen oder managen, über Bewusstsein und Wünsche zu sprechen?

Haben Sie vor der Veränderung genug Zeit für angemessene Schulungen eingeplant (Wissen)? Können die Mitarbeiter:innen zeigen, dass sie in der Lage sind, die Veränderung umzusetzen (Können)?

Und haben Sie Pläne zur Verankerung, sowohl in positiver als auch in negativer Form?

ADKAR ist ein einfach zu erlernendes Werkzeug, das Ihnen unglaubliche und unmittelbare Vorteile bieten kann, um Veränderungen umzusetzen, die Sie in Ihrem Bauunternehmen einführen wollen.

Denken Sie daran: Bei jeder Veränderung, ob groß oder klein, müssen Führungskräfte im Baugewerbe den Prozess kommunizieren und durch eine individuelle Linse betrachten. Warum würde die Veränderung bei jedem/r einzelnen Mitarbeiter:in Ihres Teams einen Motivationsschub auslösen?

Achten Sie auf dieses Maß an Individualität in Bezug auf Bewusstsein, Wunsch, Wissen, Können und Verankerung – und stellen Sie diese Themen während des Veränderungsprozesses in den Vordergrund.

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