Entwicklung von Führungskräften im Bauwesen

Hat Ihr Unternehmen eine Leadership Pipeline?

Bauunternehmen benötigen in ihren Teams Mitarbeitende, die bei Bedarf eine Führungsrolle übernehmen können – hier erfahren Sie, wie Sie eine solche Führungspipeline aufbauen.

Die Arbeiten auf einer Baustelle können durch viele Faktoren beeinträchtigt werden – beispielsweise wenn der Gabelstapler plötzlich ausfällt, die Gipsplattenlieferung sich verzögert oder eine wichtige Führungskraft das Unternehmen verlässt, um eine neue Stelle anzutreten.

In den meisten Bauunternehmen würden die beiden ersten Herausforderungen so schnell wie möglich gelöst werden. Man würden den Gabelstapler reparieren und das Notfallbudget anzapfen, um die Gipsplatten anderweitig zu beschaffen.

Eine Führungsposition kann hingegen nicht unbedingt sofort neu besetzt werden, vor allem wenn es keine:n geeignete:n Nachfolger:in im Unternehmen gibt. Und wenn die Projektdeadline immer näher rückt, bleibt nicht viel Zeit für das Personalmanagement.

Ein Mangel an passenden Nachfolger:innen ist oft darauf zurückzuführen, dass das Unternehmen keine Zeit in den Aufbau seiner Leadership Pipeline gesteckt hat – also darauf, Mitarbeitende zu identifizieren, die bei Bedarf eine Führungsrolle übernehmen können, und sie optimal auf diese Rolle vorzubereiten.

„‚Die Maschine muss repariert werden.‘ Solch eine Entscheidung ist oft leichter zu treffen“, erklärt Sarah Skidmore, CEO von Skidmore Consulting, einem Unternehmen für berufliche Weiterbildung und Coaching. „‚Wir müssen die Ausrüstung zur Baustelle bringen. Wir müssen unserem Team die erforderlichen Materialien zur Verfügung stellen.‘ Wie wäre es, wenn wir den gleichen Ansatz auch auf das Personalwesen anwenden und sagen: ‚Wir müssen in die Entwicklung der Führungsqualitäten sowie die Entscheidungs-, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten unserer Mitarbeitenden investieren, damit sie besser zusammenarbeiten können‘?“

Vorteile von Leadership Pipelines

Dass sich die Ausgaben für die Reparatur eines Gabelstaplers unmittelbar positiv auf das jeweilige Projekt auswirken, kann relativ leicht belegt werden: Sobald die Maschine repariert ist, kann die Arbeit wieder fortgesetzt werden. Die Vorteile, die der Zeit- und Geldaufwand für die Ausbildung von Führungskräften und die Nachfolgeplanung verspricht, ist für einige Geschäftsführer:innen hingegen nicht so leicht nachvollziehbar. Eine Deloitte-Umfrage unter Personal- und Unternehmensleiter:innen ergab, dass 28 % der Befragten über schwache oder sehr schwache Leadership Pipelines verfügen.

Allerdings gibt es ausreichend Belege dafür, dass die Einrichtung einer Führungspipeline gleich mehrere Vorteile hat. Untersuchungen zeigen, dass interne Beförderungen die Mitarbeitermoral fördern und dem Unternehmen Zeit und Geld sparen. Außerdem sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Arbeitgeber schlecht geeignete Kandidat:innen einstellen, wenn sie sich für interne Bewerber:innen entscheiden. Zudem können Unternehmen in einer Branche, die unter akutem Arbeitskräftemangel leidet, mit ihrer Führungspipeline neue Mitarbeitende anziehen und binden. Der Construction Index der US-Handelskammer für das dritte Quartal ergab, dass 55 % der US-amerikanischen Bauunternehmen große Schwierigkeiten haben, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden.

Wenn sich Toptalente für eine Stelle bewerben, suchen sie nach Möglichkeiten, um ihre Führungsqualitäten in dem jeweiligen Unternehmen weiterzuentwickeln, so Jessica Donahue, Personalberaterin und Gründerin von Adjunct Leadership Consulting. „Sie möchten wissen, ob es bei Ihnen entsprechende Systeme oder Prozesse gibt, damit sie in zehn Jahren nicht auf dem gleichen Posten festhängen, für den sie sich heute bewerben.“


EBENFALLS AUF BUILT:


Die Führungsqualitäten Ihrer Mitarbeitenden zu fördern, ist darüber hinaus wichtig für deren Bindung an Ihr Unternehmen. „Da man bereits einiges in die eigenen Mitarbeitenden investiert hat, sollte man ihre Weiterentwicklung auch zukünftig fördern und ihre Fähigkeiten anerkennen. Für sie ist es nur von Vorteil, wenn sie ihre Karriere in ein und demselben Unternehmen ausbauen können“, so Frau Donahue.

Um den Führungsnachwuchs in Ihrem Unternehmen zu fördern, reicht ein einfaches Online-Schulungsprogramm allerdings nicht aus. Was Sie tun können, um Ihre Leadership Pipeline auszubauen, erfahren Sie im Folgenden.

Identifizieren Sie Bedürfnisse und Talente in Ihrem Unternehmen

Frau Donahue zufolge sollten Sie als Erstes herausfinden, für welche Positionen Sie eigentlich Mitarbeitende mit Führungsqualitäten benötigen. Ein Ausgangspunkt hierfür könnte beispielsweise sein, die Positionen im mittleren Management zu identifizieren, die mehrmals im Jahr neu besetzt werden. „Diese Stellen, die alle eine gewisse Aufsichtsfunktion umfassen, müssen immer wieder neu besetzt werden“, erklärt sie.

Sobald Sie die Rollen festgelegt haben, müssen Sie geeignete Kandidat:innen dafür finden. Bei der Verkehrstechnikfirma The Traffic Group ist Präsident und CEO Wes Guckert immer auf der Suche nach Teammitgliedern, die gute Führungsqualitäten aufweisen. „Sie müssen stets wissen, welche Talente Ihre wichtigsten Mitarbeitenden haben“, erklärt er.

Mit diesen Teammitgliedern pflegt Herr Guckert eine engere Zusammenarbeit in seinem Unternehmen. Er informiert sie über aktuelle Geschäfts- und Finanzkennzahlen und führt eine Liste gemeinsamer Erwartungen. Seine Mitarbeitenden haben dadurch die Möglichkeit, sich einzubringen, ihre Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen und neue Ideen vorzuschlagen.

„Irgendwann suchen sie unweigerlich nach meinem Input“, erklärt er. „Sie fragen dann: ‚Was denken Sie, Wes? Sollten wir das tun?‘ Und ich kontere: ‚Was würden Sie denn tun oder sagen, wenn ich nicht hier wäre?‘ Meiner Meinung nach sollten Führungskräfte ihre unterstellten Mitarbeitenden zu folgendem Gedankenexperiment anleiten: ‚Heute bin ich der Chef. Morgen sind Sie es. Was würden Sie an meiner Stelle tun?‘“

Frau Skidmore empfiehlt, Mitarbeitenden ein Programm zur Entwicklung von Führungskompetenzen anzubieten, um herauszufinden, wo im Unternehmen entsprechendes Interesse besteht. „Daran kann man schon erkennen, wer sich gerne mehr einbringen möchte“, rät sie.

Unterstützen Sie angehende Führungskräfte

Nur weil jemand der beste Zimmerer auf der Baustelle ist, bedeutet das nicht, dass diese Person auch gleich ein ganzes Team von Zimmerern anleiten könnte. Möglicherweise müsste diese Person erst ihre sozialen Kompetenzen weiterentwickeln und lernen, wie sie Teammitglieder motivieren und ihnen Feedback geben kann.

Unterstützung bei der Erstellung entsprechender Programme zur Entwicklung von Führungskräften finden Unternehmen in ihrer Personalabteilung sowie bei entsprechenden Beratern und Fachverbänden. Die Associated General Contractors of America und das National Center for Construction Education & Research sind nur zwei Institutionen, die Schulungen für aufstrebende Führungskräfte in der Branche anbieten.

Ein einfaches Schulungsangebot reicht jedoch nicht aus. Ein persönliches Mentoring durch aktuelle Führungskräfte ist ebenfalls notwendig. „Am effektivsten ist es wahrscheinlich, wenn Vorgesetzte ihrem Team mit dem entsprechenden Coaching und Mentoring helfen, ihre Kompetenzen auszubauen“, empfiehlt Frau Donahue.

Akzeptieren Sie Rückschläge

Neulinge in der Führungsetage werden sicherlich auch einmal scheitern. Laut Herrn Guckert ist das auch in Ordnung und sogar wünschenswert.

„Wir alle lernen aus unseren Fehlern“, gibt er zu bedenken. „Wenn Teammitglieder scheitern, dann bedeutet das, dass sie etwas Neues und Schwieriges ausprobiert haben. Und das führt dazu, dass sie sich weiterentwickeln. An diesem Punkt weiß man dann, dass sie für künftige Führungsaufgaben bereit sind.“

Definieren Sie Führungsaufgaben neu

Nicht jeder möchte der Chef sein. Manche Menschen sind ganz zufrieden mit ihrer Stellung im Unternehmen und würden höchstens einen Wechsel auf ihrer aktuellen Hierarchieebene in Betracht ziehen. Diese Menschen können jedoch Führungsqualitäten anderer Art aufweisen. Als Beispiel nennt Frau Skidmore jemanden, der Experte für die Installation einer speziellen Komponente ist. Vielleicht hat diese Person alle Zertifizierungen in einem bestimmten Bereich erworben und kann ihrem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, wenn Kund:innen dieses spezielle Know-how suchen.

Arbeitgeber sollten auf die Fähigkeiten und Interessen ihrer Mitarbeitenden achten. „Versuchen Sie, Ihre Mitarbeitenden zu verstehen. Versuchen Sie herauszufinden, wie sie sich weiterentwickeln wollen. Und versuchen Sie zu erkennen, wie ihre Ambitionen Ihrem Unternehmen in Zukunft zugute kommen können“, rät sie. „Stellen Sie gezielt Entwicklungspläne auf, die es Ihren Mitarbeitenden ermöglichen, sich zu entfalten.“

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