Die Produktivität im Baugewerbe hinkt anderen Sektoren hinterher.
Die relativ schlechte Produktivitätsbilanz der Bauindustrie ist ein allzu bekanntes Problem für die in der Branche Beschäftigten.
Nach Angaben der britischen Datenerhebungsstelle, des Office for National Statistics (ONS), blieb das durchschnittliche Produktivitätsniveau im Bausektor bis vor Kurzem durchweg unter dem britischen Industriedurchschnitt und verzeichnete ein vergleichsweise langsames Wachstum.
In einem Bericht des US-Beratungsunternehmens McKinsey wird auf Probleme hingewiesen, die für die niedrige Produktivität im Baugewerbe verantwortlich sind, darunter unterdurchschnittliche Qualität von Projektmanagement und -ausführung, unzureichende Planungsprozesse und zu geringe Investitionen in die Kompetenzentwicklung, F&E und Innovation.
Könnte also der ausgedehntere Einsatz von Innovationen und Technologien diese unbefriedigende Situation verbessern? Die kurze Antwort auf diese Frage lautet „Ja“.
Die Bauwerksdatenmodellierung (Building Information Modelling, BIM) revolutioniert bereits jetzt die Art und Weise, wie Gebäude entworfen und gebaut werden. Außerdem bieten andere Verfahren wie das modulare Bauen und die Vorfertigung die Gelegenheit, die Fertigstellung zu beschleunigen und die Qualität unserer Gebäude zu verbessern.
Wie sieht das Internet der Dinge im Baugewerbe aus?
Ein weiteres Element, das sich etablieren und viele Aspekte der Arbeitsweise des Sektors verändern wird, ist das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Als Teil dessen, was viele als Industrie 4.0 oder die vierte industrielle Revolution bezeichnen, umfasst das IoT sowohl die Vernetzung der Mittel, die wir bei unserer Arbeit verwenden, als auch andere Aktivitäten.
Das Prinzip von IoT an sich ist nicht neu. Im Jahr 2016 definierte das globale Technologieunternehmen IBM es als „das Konzept, jedes Gerät (solange es einen Ein-/Ausschalter hat) mit dem Internet und anderen angeschlossenen Geräten zu verbinden.“
„Das IoT ist ein riesiges Netzwerk von verbundenen Dingen und Menschen – die alle Daten über ihre Nutzung und über ihre Umgebung sammeln und teilen“, so hieß es weiter.
Laut Oracle bezeichnet es „das Netzwerk physischer Objekte (‚Dinge‘), die mit Sensoren, Software und anderer Technologie ausgestattet sind, um diese mit anderen Geräten und Systemen über das Internet zu vernetzen.“
Solche Geräte reichen von gewöhnlichen Haushaltsgegenständen bis hin zu anspruchsvollen Industriewerkzeugen.
Aber wie können IoT-Geräte und mit Sensoren ausgestattete Kleidungsstücke dem Baugewerbe zugutekommen?
Die Vorteile von IoT im Baugewerbe
Laut Blackreach, einem US-amerikanischen Beratungsunternehmen, gehen IoT-Lösungen „über ein vernetztes Gerät hinaus“.
Der Einsatz von IoT-fähigen Geräten und anderen Gegenständen könnte die Arbeitsweise des Baupersonals auf der Baustelle revolutionieren, indem „täglich Hunderte von Aufgaben schnell und genau erledigt werden, und das ohne Abstriche in puncto Kosteneffizienz und Sicherheit.“
Blackreach hebt 14 Bereiche hervor, in denen der Einsatz von IoT im Baugewerbe bewährte Praktiken modernisieren kann. Dazu gehören erweiterte Realität, Gebäudedesign, Betonaushärtung, vorausschauende und vorbeugende Wartung und Erstellung umweltfreundlicher Gebäude.
Intelligente Geräte, intelligente Gebäude
In Bezug auf die Anwendung des IoT bei Bautätigkeiten bieten IoT-fähige Geräte – Sensoren, Kameras, Ortungsgeräte usw. – die Möglichkeit, den Bau effizienter zu gestalten. Möglich wird dies durch eine schnelle Berichterstattung, die Reduzierung von Fehlern vor Ort und eine beschleunigte Projektfertigstellung ohne Qualitäts- oder Sicherheitseinbußen während des Bauprozesses.
Eine verbesserte Datenerfassung dient zur Stärkung von Lieferantenbeziehungen, wodurch die Prozesse zur Beschaffung von Materialien und deren Lieferung an Standorte gestrafft werden können. Unternehmer:innen können den Standort von mit Sensoren ausgestatteten Werkzeugen verfolgen, wodurch die Ausrüstung besser genutzt und Diebstahl verhindert wird.
Intelligente Batterietechnologie liefert Informationen darüber, wann und wo ein Akku zuletzt aufgeladen wurde. Unternehmer:innen erhalten eine Benachrichtigung, wenn ein bestimmter Ladestand unterschritten wird. So können Anwender:innen ihre Zeit besser nutzen.
Tragbare Technologien, wie Bewegungssensoren und andere nachverfolgbare Tools, ermöglichen eine einfachere Überwachung der Sicherheit und Produktivität von Bauarbeiter:innen.
Gemeinsam mit Systemen zum Datenaustausch wird IoT im Baugewerbe nicht nur die Fertigstellung von Projekten erleichtern, sondern auch den täglichen Betrieb vollendeter Gebäude effizienter machen.
Wir sehen immer mehr „intelligente“ Gebäude, die mit einer Reihe von Sensoren ausgestattet sind, um beispielsweise zu bestimmen, wie viele Personen sich in einem Bereich oder einem bestimmten Zimmer aufhalten und dann die Beleuchtung, Heizung oder Kühlung entsprechend anzupassen.
Convene, ein in den USA ansässiges Unternehmen, das Veranstaltungs- und Tagungsräume zur Verfügung stellt, hat zwei Stockwerke in dem kürzlich fertiggestellten Bürogebäude in 22 Bishopsgate in London bezogen. Die Veranstaltungsbereiche verfügen über eine Reihe integrierter Technologien, darunter Sensoren, die erkennen können, wie viele Personen sich in einem Bereich befinden, und für die richtige Klimatisierung sorgen.
Neben der Baustellen-IoT wird diese Technologie auch in großem Umfang in Privathaushalten eingesetzt. Haus- und Wohnungseigentümer:innen können ihre Smartphones verwenden, um technologiefähige Heizsysteme über eine App mit einem Klick einzuschalten. Zu weiteren Geräten gehören internetfähige Türsprechanlagen, mit denen die Bewohner:innen Personen erkennen und mit ihnen sprechen können, auch wenn sie selbst nicht zu Hause sind.
Eine vielversprechende Zukunft für das Baugewerbe und IoT
Wie wird das IoT in den kommenden Jahren eingesetzt? Die Möglichkeiten werden im Laufe der Zeit zunehmen, aber die Kosteneinsparungen durch IoT im Baugewerbe werden sich für potenzielle Nutzer:innen sicherlich als attraktiv erweisen. Beca, das technische Beratungsunternehmen mit Hauptsitz in Neuseeland, zitiert Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten, dass das IoT allein in Australien 22–29 % der Gesamtkosten im Baugewerbe einsparen wird, was einem jährlichen Gewinn von 75–96 Milliarden AUD entspricht.
Im zunehmend digitalen Zeitalter wird das Erheben und Analysieren von Daten auch in der Baubranche selbstverständlich werden. Der Fortschritt könnte jedoch langsamer sein als erhofft, da das Baugewerbe sehr an die traditionellen Vorgehensweisen gebunden ist. Und neben den Vorteilen von IoT im Baugewerbe gibt es zwangsläufig auch Probleme, wie zum Beispiel den Datenschutz.
Aber die Kund:innen wissen, was sie wollen. Häufig werden es ihre Ansprüche sein, die den Technologiefortschritt in der Bauindustrie vorantreiben. Sei es die Nachfrage nach Gebäuden, die schneller gebaut und effizienter und umweltfreundlicher betrieben werden können, die „intelligenter“ sind oder die eine flexiblere Anpassung an die Bedürfnisse der Bewohner:innen bieten.
Der Fokus liegt allerdings nicht nur auf der Kundschaft. Da Kosten ein allgegenwärtiges Thema für Bauträger und Unternehmen sind, muss die Nutzung von IoT im Bauwesen, Industrie 4.0 und den anderen digitalen Ansätzen allgemein vorangetrieben werden, was andere Branchen bereits erkannt und zumindest teilweise umgesetzt haben.
Auch Probleme, mit denen Volkswirtschaften weltweit konfrontiert sind und die sich auf die Fähigkeit zur optimierten Umsetzung von Bauprojekten auswirken, könnten den technologischen Fortschritt in der gesamten Branche auf unvorhersehbare Weise vorantreiben.