Sinnvolle Abfallnutzung: Straßen aus recyceltem Kunststoff

Unternehmen haben festgestellt, dass wiederaufbereitete Kunststoffabfälle sich hervorragend für den Straßenbau eignen und dafür sorgen, dass die damit gebauten Straßenabschnitte robuster und langlebiger sind als solche aus herkömmlichen Materialien.

Jeder weiß wohl um den Plastikabfall, der unsere Meere, Landschaften und Städte verschmutzt.  

Mehr als 800.000 Tonnen Kunststoff werden täglich auf der ganzen Welt weggeworfen, darunter Trinkflaschen, Plastiktüten, Verpackungsprodukte und Lebensmittelverpackungen. Diese Abfälle verschmutzen Städte, Strände, Flüsse und Meere, schaden der Tierwelt und stellen die mit der Beseitigung Beauftragten vor große logistische Probleme. 

Die letzten Jahre waren von verstärkten Bemühungen geprägt, Verbraucher und Einzelhändler über die verantwortungsvolle Entsorgung von Kunststoffabfällen aufzuklären, und weltweit wurden Recycling- und Wiederverwendungsprogramme mit mehr oder weniger großem Erfolg eingeführt. 

Dank der Arbeit von engagierten Gruppen und cleveren Markeninhabern erlangen neue und innovative Wege, mit Kunststoffabfällen umzugehen, einen immer größeren Bekanntheitsgrad. Mittlerweile nutzen hochwertige Bekleidungslinien und marktführende Hersteller von Turnschuhen recycelte Materialien für ihre Produkte. 

Recycelte Kunststoffstraßen

Während Kleidung und Schuhe aus recyceltem Kunststoff der Traum eines jeden Marketingmanagers sind, gibt es einige weniger offensichtliche Anwendungsfälle, in denen dieses Abfallprodukt zum Einsatz kommt, wie zum Beispiel im Straßenbau. 

Diese Vorgehensweise hatte wohl ihren Ursprung vor etwa 20 Jahren in Indien, als Arbeiter Kunststoffabfälle einschmolzen, um damit vorübergehend Schlaglöcher auf einigen Autobahnen des Landes zu reparieren. 

Unternehmen in den USA, Großbritannien und dem Rest Europas haben die Idee schnell übernommen und mit ihren eigenen Technologien Kunststoffabfälle in ein Produkt umgewandelt, das zum Strecken von Fahrbahnoberflächenmatieralien dient, insbesondere von Bitumen, dem schwarzen, geschmolzenen Material, das Asphalt beigemengt wird und den Fahrbahnbelag zusammenhält. 

Ein britisches Unternehmen, das in diesem Bereich besonders aktiv ist, ist MacRebur. Das Unternehmen mit Hauptsitz im schottischen Lockerbie unterstützt seit 2016 Gemeinden in ganz Großbritannien und Europa bei der Verlegung von Straßenabschnitten, die langlebig und robust sind und eine Recyclinglösung für erhebliche Mengen an Kunststoffabfällen darstellen, die andernfalls auf einer Deponie gelandet oder verbrannt worden wären. 

Das Unternehmen gibt an, dass jeder Kilometer Straße aus recyceltem Kunststoff, der mit seinen Produkten gebaut wird, Kunststoffabfälle von einem Gewicht nutzt, das etwa 684.000 Flaschen oder 1,8 Millionen Einweg-Plastiktüten entspricht.

Steigern der Bekanntheit

MacRebur hat mit einer Reihe von Gemeinden an dem Bau von Straßen zusammengearbeitet, deren Belag erneuert werden musste, und dabei das Material aus Kunststoffabfällen verwendet. 2017 kooperierte MacRebur in Dumfries und Galloway im Südwesten Schottlands mit Asphaltherstellern und Straßenbauunternehmen, um bei der Erneuerung eines 900 Meter langen Abschnitts der A709 zu helfen. 

In der niederländischen Stadt Dwolle hat 2018 ein Unternehmen namens Plastic Road einen 30 Meter langen Radweg aus modularen Abschnitten gebaut, der Kunststoffabfälle enthält, die 218.000 Plastikbechern oder einer halben Million Flaschendeckeln entsprechen. 

In den USA verwendet das Unternehmen Technisoil eingeschmolzene Kunststoffabfälle als Füllstoff für Bitumen und gibt an, dass das Ergebnis zwei- bis dreimal länger halte als herkömmliches Bitumen und zudem flexibler und nachgiebiger sei als herkömmlicher Beton. 

Laut Technisoil werden pro Meile (1,6 Kilometer) auf einer zweispurigen Straße zudem etwa 2.300 Kilogramm recycelter PET-Kunststoff verbraucht, was etwa 395.000 Plastikflaschen entspricht.

So wie es Stimmen gibt, die davor warnen, dass Kleidung aus Kunststoffabfällen keine Lösung für das Problem der Umweltverschmutzung seien, so gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Verwendung von Kunststoffabfällen bei der Erneuerung von Wegen und Fahrbahnen. Die Sorge: Die Problematik werde nur aufgeschoben und in Zukunft ergeben sich sogar neue Schwierigkeiten, da sich durch diesen Prozess Mikroplastik bildet, das aus dem Oberflächenmaterial austreten könnte, wenn die Straße durch ständige Befahrung abgenutzt wird. 

Ein Mikroproblem? 

Dies ist ein potenzielles Problem, für das es global bereits ein ausgeprägtes Bewusstsein gibt. In einem Bericht über die Verwendung von Kunststoffen im Straßenbau von Austroads, die Spitzenorganisation der Verkehrsbehörden Australiens und Neuseelands, heißt es, dass Straßen aus recyceltem Kunststoff in der Region noch relativ neu und daher weitere Arbeiten zur Bewertung der Umweltauswirkungen erforderlich seien. 

„In der Zwischenzeit wäre es sinnvoll, vorsorgliche Maßnahmen zu ergreifen, bis ausreichende Forschungsergebnisse vorliegen, die zeigen, dass Straßenbauprojekte, bei denen recycelte Kunststoffe in ihren verschiedenen Formen verwendet werden, nicht zu einer Verschmutzung der Wasserwege durch Mikroplastik führen“, so der Bericht. 

Unternehmen wie MacRebur weisen die Behauptung zurück, dass die von ihnen entwickelten Produkte zur Erzeugung von Mikroplastik führen, das schließlich in die Umwelt gelangen könnte. 

„In Straßen von MacRebur ist kein Mikroplastik enthalten und wir haben unabhängige Tests durchgeführt, um dies zu prüfen. Das liegt daran, dass wir Kunststoff als Bindemittel verwenden. Er wird zu einer klebrigen Substanz eingeschmolzen, ohne schädliche Partikel zu hinterlassen.“ 

Solche Zusicherungen können die Nerven besorgter Umweltschützer wahrscheinlich nicht beruhigen. Trotz dieser offenen Fragen ist die Verwendung von Kunststoffabfällen für Straßen, Kleidung, Schuhe und andere Produkte der Verbrennung dieser Materialien oder der Sammlung auf riesigen Deponien jedenfalls vorzuziehen. 

Es liegt auf der Hand, dass Kunststoff eine geringere Rolle in unserem Alltag spielen muss, als das derzeit der Fall ist. Aber das Recycling und die Umwandlung von Abfallmaterial zu etwas Nützlichem, wie es MacRebur und andere tun, ist ein Schritt in die richtige Richtung, um die Auswirkungen dieses Materials auf unsere Umwelt zu reduzieren.

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