Vier Bauarbeiter und Bauarbeiterinnen auf einer Baustelle

Kreislaufwirtschaft am Bau: Die Zukunft des Bauens ist zirkulär

Kreislaufwirtschaft am Bau spart Ressourcen, schont die Umwelt und steigert die Effizienz. Erfahre, wie zirkuläres Bauen das Bauwesen verändert.

Definition: Kreislaufwirtschaft einfach erklärt

Die Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy) ist ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell, das darauf abzielt, Produkte und Materialien so lange wie möglich im Nutzungskreislauf zu halten. Dabei folgt sie dem Prinzip Reduce, Reuse, Recycle (Reduzieren, Wiederverwenden, Wiederverwerten). Im Gegensatz dazu steht die lineare Wirtschaft, die nach dem Konzept „Take, Make, Waste“ (Nehmen, Produzieren, Wegwerfen) funktioniert.

Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft wird auch mit folgenden Konzepten in Verbindung gebracht:

  • Zirkuläres Bauen (Circular Building): Dieses Konzept überträgt die Grundidee der Kreislaufwirtschaft auf die Bauindustrie. Ziel ist es, Gebäude und Bauprozesse so zu gestalten, dass Materialien wiederverwendet oder recycelt werden. Dadurch entstehen weniger Abfälle, und die Ressourcennutzung wird effizienter.
  • Cradle-to-Cradle oder C2C: Übersetzt als „vom Ursprung zum Ursprung“ verfolgt Cradle-to-Cradle das Ziel, Produkte und Materialien so zu gestalten, dass sie nach ihrem Gebrauch entweder biologisch abgebaut oder vollständig in den Produktionskreislauf zurückgeführt werden, ohne an Qualität zu verlieren. Dieses Konzept fördert geschlossene Materialkreisläufe und reduziert Umweltbelastungen.

Die Ellen MacArthur Foundation definiert drei zentrale Grundsätze, die ihrer Ansicht nach eine Kreislaufwirtschaft kennzeichnen:

  1. Werterhaltung durch geplante Vermeidung von Abfall und Verschmutzung
  2. Optimierung der Ressourcennutzung durch die Wiederverwendung von Produkten und Materialien
  3. Implementierung einer wirksamen Strategie, die zur Regeneration der natürlichen Systeme beiträgt

Für die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen bedeutet das: Du arbeitest bei der Errichtung von Gebäuden und anderer Infrastruktur materialsparend und nutzt und erhältst sie so lange wie möglich. Beim Rückbau achtest du darauf, Ressourcen für neue Bauprojekte sinnvoll wiederzuverwerten.

Klimagerecht bauen durch ganzheitliche Architektur

Vorteile der Kreislaufwirtschaft im Bauwesen

Zirkuläres Bauen bringt Umwelt-, Wirtschafts- und Gesellschaftsvorteile, indem es Ressourcen schont, Abfall reduziert und nachhaltige Bauweisen fördert.

Für die Natur bedeuten Cradle-to-Cradle und Kreislaufwirtschaft weniger Deponiemüll, da Materialien mehrfach genutzt statt entsorgt werden. Der geringere Rohstoffverbrauch reduziert CO₂-Emissionen und graue Energie. Gleichzeitig hilft zirkuläres Bauen, Umweltverschmutzung zu minimieren und natürliche Lebensräume sowie die Artenvielfalt zu schützen. Auch der Wasserverbrauch bei der Materialherstellung wird deutlich gesenkt.

Wirtschaftlich bietet zirkuläres Bauen Einsparungen bei Material- und Entsorgungskosten. Recycelte Baustoffe sind günstiger und durch weniger Abfall sinken die Entsorgungskosten. Gebäude bleiben durch ihren Wert als Rohstofflager langfristig wertvoll. Modulare Bauelemente machen sie flexibler und leichter an veränderte Anforderungen anpassbar.

Gesellschaftlich verbessert zirkuläres Bauen die Lebensqualität, indem es gesunde und umweltfreundliche Bauweisen fördert. Schadstofffreie Materialien schützen die Gesundheit und schaffen sichere, saubere Umgebungen. Grüne Projekte bieten mehr Freiflächen und eine durchdachtere Stadtplanung. Zusätzlich stärken nachhaltige Bauweisen lokale Gemeinschaften durch neue Arbeitsplätze und fördern die Zusammenarbeit. Sie schaffen ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen und unterstützen so eine nachhaltigere Gesellschaft.

Lager wiederverwendbarer Ressourcen alter Gebäude
Wiederverwendbare Ressourcen wie Fenster, Türen und Baumaterialien sind Teil des Cradle-to-Cradle-Prinzips im Bauwesen.

Herausforderungen bei der Umsetzung des zirkulären Bauens

Zirkuläres Bauen bietet große Chancen, aber es ist nicht immer ein leichter Weg. Du wirst mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die kreative Lösungen, Wissen und Engagement erfordern, darunter:

  • Gesetzliche und regulatorische Hürden meistern: Die Baubranche ist stark reguliert. Viele dieser Vorschriften sind auf traditionelle, lineare Bauweisen ausgerichtet. Wenn du zirkuläre Prinzipien umsetzen willst, musst du dich durch eine Reihe von Bauvorschriften und Regularien arbeiten.
  • Geeignete Materialien finden: Die Verfügbarkeit von wiederverwendbaren Materialien ist begrenzt, da die Lieferketten noch nicht vollständig auf Kreislaufwirtschaft im Bausektor ausgerichtet sind. Arbeite kreativ: Kooperiere mit Materialbanken und erkunde innovative Recyclinglösungen.
  • Wissenslücken schließen: Oft fehlt es in der Branche an Know-how für zirkuläres Bauen. Organisiere Schulungen und Weiterbildungen, um dein Team fit für nachhaltige Bauprojekte zu machen. Investiere in Wissen, um effektiv zu arbeiten.
  • Hohe Anfangsinvestitionen bewältigen: Zirkuläres Bauen bringt höhere Startkosten mit sich. Denke langfristig: Weniger Betriebskosten und Werterhalt machen es rentabel.
  • Fehlende Infrastruktur ausgleichen: Recycling- und Rückbausysteme sind in vielen Regionen unterentwickelt. Entwickle kreative Lösungen und arbeite mit anderen Branchen zusammen, um neue Strukturen zu schaffen und Lücken zu schließen.
  • Markt überzeugen: Investoren sind oft skeptisch. Zeige langfristige Einsparungen und ökologische Vorteile mit realen Referenzobjekten auf.
  • Komplexe Planung umsetzen: Zirkuläres Bauen erfordert eine umfassende Planung, wenn du den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigen möchtest. Nimm dir Zeit, die notwendigen Materialflüsse und Rückbau-Strategien zu optimieren.
  • Technologie nutzen und weiterentwickeln: Setze auf Tools und bleibe offen für neue Technologien, die deine Projekte nachhaltiger machen.

Die Stadt Berlin hat bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um diesen Herausforderungen entgegenzutreten:

4 Phasen der Kreislaufwirtschaft am Bau

Beim zirkulären Bauen gibt es verschiedene Phasen, die den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes abdecken. Jede Phase bietet Chancen, nachhaltige und effiziente Lösungen umzusetzen.

1. Planungs- und Entwurfsphase: Ideen entwickeln und skizzieren

In der Planungs- und Entwurfsphase legst du die Grundlage für die Umsetzung von Cradle-to-Cradle und die Kreislaufwirtschaft. Hier entscheidest du, welche Materialien verwendet werden und wie das Gebäude später demontiert und recycelt wird. Überlege, wie jedes Bauelement den Kreislauf unterstützt und nutze Technologien, die dich bei der Konzeption unterstützen.

2. Bauphase: Gebäude realisieren und fertigstellen

In der Bauphase setzt du deine Pläne in die Tat um. Achte hier auf eine präzise Materialplanung und bestelle nur die Mengen, die tatsächlich benötigt werden. Berücksichtige auch, Reste von Bauprojekten vor Ort wiederzuverwenden – sei es für andere Bereiche des aktuellen Projekts oder für zukünftige Vorhaben. Um die Recyclingfähigkeit der anfallenden Abfälle zu maximieren, trenne sie bereits auf der Baustelle sortenrein.

Eine enge Kooperation mit Lieferanten und Baupartnern ist ebenfalls entscheidend. Halte den Kontakt zu deinen Materiallieferanten und teile ihnen deine Anforderungen an kreislauffähige Baustoffe mit. So stellst du sicher, dass du die passenden Materialien erhältst.

Schließlich solltest du alle umgesetzten Maßnahmen lückenlos dokumentieren. Diese Aufzeichnungen sind nützlich für spätere Reparaturen oder den Rückbau und helfen zukünftigen Baufirmen, die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in der Baubranche fortzuführen.

3. Nutzungsphase: Betrieb und Wartung sicherstellen

Während der Nutzungsphase gibt es mehrere Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um dein Gebäude effizient und zukunftssicher zu betreiben. Dazu gehört zum Beispiel die Steigerung der Energieeffizienz. Intelligente Heiz- und Kühlsysteme, smarte Beleuchtung, die sich an Tageslicht und Raumnutzung anpasst, sowie Sensoren zur Energieüberwachung helfen dabei, den Verbrauch zu optimieren.

Auch der Materialzustand lässt sich durch regelmäßige Inspektionen und vorbeugende Wartung besser im Blick behalten. Mit einem Wartungsplan erkennst du Verschleiß frühzeitig, vermeidest größere Schäden und planst Reparaturen langfristig.

4. Rückbau- und Recyclingphase: Ressourcen sichern und trennen

Am Ende der Lebensdauer eines Gebäudes ist ein durchdachter Rückbau entscheidend. In dieser Phase sorgst du dafür, dass so viele Materialien wie möglich wiederverwendet oder recycelt werden.Plane den Rückbau bereits in der Entwurfsphase, um Materialien einfach zu entfernen. Dokumentiere den Einsatz von Baustoffen in einem Materialpass, der beim Rückbau hilft, die Materialien effizient zu trennen und zu verarbeiten. Je besser diese Phase vorbereitet ist, desto erfolgreicher wird die Wiederverwendung.

Lebenszyklus von Gebäuden: Planung, Konstruktion, Nutzung & Rückbau
Beim zirkulären Bauen wird der Lebenszyklus von Gebäuden in vier Phasen umgesetzt.

Zirkuläres Bauen: 3 Beispiele aus der Praxis

Es gibt bereits viele Vorzeigeprojekte, die die Prinzipien des zirkulären Bauens erfolgreich umsetzen. Weltweit entstehen immer mehr Projekte, die nach Cradle-to-Cradle errichtet werden. Diese Initiativen setzen neue Standards für die nachhaltige Bauwirtschaft, indem sie Ressourcen in einem geschlossenen Kreislauf halten und die Umweltauswirkungen minimieren.

1. Deutschland: Das erste Holzhybrid-Bürogebäude Düsseldorfs

Ein Bauprojekt in Nordrhein-Westfalen trägt den passenden Namen „The Cradle“. Das Bürogebäude folgt dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Die gesamte Fassade des Gebäudes wurde aus Holzelementen angefertigt und bedient sich damit an einem nachhaltigen Rohstoff. Beim Bau wurden so 47 Prozent CO2 gespart. Die auf dem Dach installierte Solaranlage produziert genug Strom, um das gesamte Gebäude inklusive Tiefgarage mit der nötigen Energie zu versorgen. Ungenutzter Strom fließt in das öffentliche Netz Düsseldorfs.

Sieh hier, wie für The Cradle die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in der Baubranche verwirklicht wurden:

2. Dänemark: Wohngebiet aus Materialien ungenutzter Häuser

Der U.K. Green Building Council hebt eine Reihe von Projekten hervor, bei denen Material aus abgerissenen Gebäuden wiederverwendet wurde, um andere Projekte zu verwirklichen – darunter die „Resource Rows“ in Kopenhagen, Dänemarks erstes Wohngebiet, das aus den Materialien ungenutzter Häuser gebaut wurde. Die Gebäude der Resource Rows bestehen unter anderem aus aufbereiteten Backsteinen, Holzabfällen und recycelten Betonbalken die ursprünglich in einer Brücke verbaut waren.

Im folgenden englischsprachigen Video erklärt der Architekt Anders Lendager, wie das Projekt nachhaltig und im Zeichen des zirkulären Bauens umgesetzt wurde:

3. Niederlande: Amsterdam als Pionier der Kreislaufwirtschaft am Bau

Amsterdam gilt als einer der ersten Pioniere des Kreislaufstadtkonzepts. In einem Bericht der gemeinnützigen Organisation Circle Economy werden die Vorteile einer kreislauforientierten Lieferkette für den Bausektor der Stadt hervorgehoben. Dem Bericht zufolge hat Amsterdam das Potenzial, die Treibhausgasemissionen erheblich zu reduzieren und gleichzeitig den Materialverbrauch durch Wiederverwendungsstrategien um 500.000 Tonnen zu senken.

Die Autoren des Berichts erklären, dass die Stadt durch eine kreislauforientierte Gebäudeversorgungskette eine Produktivitätssteigerung von 3 Prozent (85 Millionen Euro) pro Jahr erzielen könnte.

Das Oostenburg Project setzt das Cradle-to-Cradle-Prinzip in Amsterdam bereits um. Im folgenden englischsprachigen Video erhältst du einen kurzen Einblick in die Arbeitsweise:

Technologien und Tools zur Unterstützung des zirkulären Bauens

Moderne Technologien spielen eine entscheidende Rolle für die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Digitale Werkzeuge und Datenbanken erleichtern dir die Verwaltung und Wiederverwendung von Materialien. Eine Planungssoftware hilft dir dabei, den Lebenszyklus deiner Bauprojekte ganzheitlich zu überwachen und nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Methoden wie das Building Information Modeling (BIM) machen den gesamten Bauprozess transparenter und effizienter. Mit ihnen dokumentierst du beispielsweise verwendete Baumaterialien und verfolgst den Materialfluss.

Baurobotik eröffnet dir völlig neue Möglichkeiten auf der Baustelle. Sie eignen sich zum Beispiel ideal für Aufgaben wie den selektiven Rückbau von Gebäuden. So reduzierst du Baustellenabfälle drastisch und erhöhst die Qualität der wiederverwendbaren Materialien.

Mit Künstlicher Intelligenz hebst du Bauprozesse auf ein neues Level. KI-Tools analysieren riesige Datenmengen und geben dir Einblicke, wie du den Materialeinsatz optimierst. Sie helfen dir ebenso, die besten Lieferketten auszuwählen, Baupläne anzupassen, den Energieverbrauch zu minimieren oder Wartungszyklen vorherzusagen.

Wie Kreislaufwirtschaft das Bauwesen revolutioniert

Zirkuläres Bauen bietet die Chance, den Bausektor grundlegend zu verändern. Indem du Materialien länger im Kreislauf hältst und Abfälle minimierst, trägst du aktiv zum Umweltschutz bei und schonst gleichzeitig wertvolle Ressourcen. Diese Bauweise bietet nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile: geringere Kosten, flexible Nutzungsmöglichkeiten und eine bessere Lebensqualität in unseren Städten.

Doch der Wandel erfordert Engagement, Zusammenarbeit und kluge Strategien. Politische Anreize wie Förderprogramme und gesetzliche Anpassungen erleichtern den Übergang zur Kreislaufwirtschaft im Bau. Gleichzeitig ist die Weiterbildung von Fachkräften essenziell, damit neue Bauweisen und Technologien effektiv eingesetzt werden. Ob durch optimierte Bauprozesse, die Nutzung moderner Tools oder den gezielten Einsatz wiederverwendbarer Materialien – jeder Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft hilft, die Bauindustrie nachhaltiger zu gestalten.

Der Schlüssel liegt in der konsequenten Umsetzung: Jedes neue Projekt, das auf Cradle-to-Cradle im Bauwesen setzt, trägt dazu bei, eine zukunftsfähige und ressourcenschonende Bauweise zu etablieren. So ebnest du als Bauleiter oder Projektverantwortlicher aktiv den Weg in eine nachhaltigere Bauzukunft.

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