Kurz und kompakt: Das Wichtigste zum Baustoffmangel
Dass das Baumaterial knapp ist, treibt nicht nur die Bauunternehmen um, sondern auch Privatpersonen, die sich wegen der rasanten Preisentwicklung kaum noch ein Eigenheim leisten können. Doch wie kam es zu dieser Situation und wie sind die Prognosen hinsichtlich des Rohstoffmangels? Wir haben das Wichtigste zum Baustoffmangel für Sie zusammengefasst.
Welches Baumaterial ist knapp?
Baumaterialen wie Holz, Stahl, Dämmstoffe sowie Kunststoffe sind seit Beginn der Corona-Pandemie knapp. Betroffen sind auch Schrauben und Elektronikkomponenten. Weiterhin ist die Sandknappheit ein Problem für die Bauwirtschaft (Stand 05/2022).
Was sind die Gründe der Lieferengpässe von Baustoffen?
In der Baubranche gibt es hauptsächlich drei Gründe für die Lieferengpässe:
- Arbeitskräftemangel: Seit der Corona-Pandemie fehlen immer wieder Arbeitnehmer:innen, weil sie erkranken, aus Angst zu Hause bleiben oder ganz aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
- Volatile Rohstoffpreise: Die Nachfrage nach Baustoffen ist seit der Corona-Krise höher als das Angebot. Die Preise für Holz und andere Baumaterialien steigen. Weitere Krisen wie explodierende Energiepreise verstärken die Lieferengpässe und Preissteigerungen zusätzlich.
- Mangel an Lkw-Fahrer:innen: Schon länger gibt es zu wenige Lkws und zu wenige Menschen, die Lkw fahren können oder – wegen unattraktiver Arbeitsbedingungen – fahren wollen. Die Lkw-Herstellung wird durch den Mangel an Halbleitern gebremst.
Wie lautet die Prognose für den Baustoffmangel 2022?
War die Prognose bezüglich des Baustoffmangels im Herbst 2021 noch positiv, verschlechtern sich die Aussichten im Frühjahr 2022 aufgrund erneuter Krisen wieder. Eine genaue Prognose lässt sich aktuell kaum treffen. Projekte sind nur noch schwer kalkulierbar. Es kommt vermehrt zu Stornierungen (Stand 05/22, Quelle: ifo).
Chronologie des Baustoffmangels ab Beginn der Corona-Pandemie
Schaut man sich auf der Webseite der Tagesschau um, lässt sich gut beobachten, ab wann das Thema der Materialknappheit in den Medien immer höhere Wellen geschlagen hat. Wir haben die wichtigsten Meldungen in einer Chronologie zusammengefasst.
Frühjahr 2020: Corona läutet die Krise ein
Bereits im März 2020 warnen Industrie- und Handelsvertreter vor den Folgen des chinesischen Lockdowns. Die Baubranche bleibt unerwähnt, die Sorge gilt vielmehr der Elektronik- und Autobranche sowie der Versorgung mit Medikamenten und Medizinprodukten.
12.03.2020 Coronavirus. Wirtschaft in Sorge vor Lieferengpässen
Frühjahr 2021: Deutschland geht das Holz aus
Was sich Ende 2020 bereits angedeutet hat, verschärft sich immer mehr. Die Lieferengpässe werden gravierender. Die Gründe für den Materialmangel sind vielfältig: Ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie und weltweiten Lockdowns ist die globale Produktion in vielen Bereichen immer noch gedrosselt. Dazu gesellen sich Probleme durch den harten Winter in den USA, eine abgebrannte Halbleiterfabrik in Japan oder die Havarie des Containerschiffs „Ever Given“.
Die Abhängigkeit einer funktionierenden globalen Lieferkette wird immer deutlicher. Gleichzeitig ist die Konsumnachfrage unerwartet hoch im zweiten deutschen Lockdown, während die Preise für Container immer weiter steigen. Insbesondere für Produkte mit kleinen Margen wie beispielsweise Schrauben ist das verheerend, da keine Gewinne mehr erzielt werden.

Auch auf dem Bau wird das Material knapp. Es fehlen Stahl, Holz sowie Dämm- und Kunststoffe. Die Preise steigen weiter und weiter – der Holzpreis legt 400 Prozent während eines Jahres zu. Und viel zu oft bleiben die Bauunternehmen auf den hohen Materialkosten sitzen, da im Bauvertrag die Preissteigerung nicht einkalkuliert war. Einige beginnen Baumaterial zu horten, was die Situation auf dem Markt zusätzlich verschärft. Trotz voller Auftragsbücher stehen vielerorts die Baustellen still.
10.02.2021 Lieferengpässe aus China. Containermangel sorgt für Streit
24.04.2021 Hohe Nachfrage. Deutschland geht das Holz aus
13.05.2021 Lieferengpässe. Kleine Stoffe, große Abhängigkeit
17.05.2021 Lieferengpässe nehmen zu: Baufirmen geht das Material aus
Sommer 2021: Baumaterial bleibt knapp
Ein erneuter Corona-Ausbruch und der viertgrößte Containerhafen der Welt in China steht infolgedessen im Juni still. Die Staus der Containerschiffe verschärfen die Lieferengpässe erneut. Neben Holz, Stahl, Dämm- und Kunststoffen werden in der Baubranche nun auch bald die Schrauben knapp.

Den Schwierigkeiten in der internationalen Lieferkette folgt weiterhin eine massive Preissteigerung der Produkte. Viele Bauunternehmen reagieren auf die Preisentwicklungen und erhöhen ihrerseits die Preise. Die Preisentwicklung spüren nun auch immer mehr Privatpersonen, die von einem Eigenheim träumen und sich dieses nicht mehr leisten können. Für Bauunternehmen bedeutet der anhaltende Baustoffmangel in vielen Fällen, die Umsatzprognose nach unten korrigieren zu müssen, obwohl die Aufträge stabil sind.
Experten warnen inzwischen vor Gefahren wie einer Preis-Lohn-Spirale oder der Tatsache, dass der Wohnungsbau durch die Preissteigerungen unattraktiver wird. Noch verlasse die Inflation allerdings nicht den normalen Rahmen.
Ende August keimt Hoffnung auf: Laut ifo-Umfrage verbessere sich die Versorgung mit Baustoffen in Deutschland ein wenig, insbesondere beim Schnittholz. Die Situation sei insgesamt allerdings weiterhin angespannt. Keine Entwarnung gibt es für die von der Flut betroffenen deutschen Gebieten, in denen nach der Katastrophe der Bedarf an Baumaterial besonders hoch ist.
01.06.2021 Lieferengpässe und steigende Preise. Materialmangel am Bau verschärft sich
07.07.2021 Wegen Materialmangels. Industrieproduktion ausgebremst
09.07.2021 Materialmangel hält an. Baupreise schnellen in die Höhe
13.07.2021 Aufschwung mit Preisanstieg. Wenn der Boom auf Mangel trifft
17.08.2021 Knappe Baustoffe. Neu bauen mit gebrauchtem Material
03.08.2021 Bauboom und Lieferprobleme. Zehn Wochen warten auf den Handwerker
24.08.2021 Folgen der Lieferengpässe. Was alles knapp geworden ist
30.08.2021 Baubranche. Materialmangel lässt etwas nach
Herbst 2021: Vorsichtig optimistische Prognosen für 2022
Anfang September setzt sich der positive Trend bei der Beschaffung von Holz und auch Dämmstoffen fort. Metalle, Kunststoffe und auch Elektronikkomponenten sind weiterhin nicht verfügbar. Dennoch hoffen Experten auf eine Trendwende, sodass sich die Preise nicht nur beim Holz wieder stabilisieren werden. Die Prognose für 2022 von Timo Wollmershäuser, Konjunkturexperte des Ifo-Institut, lautet: „Der Materialmangel sollte dann [Anfang nächsten Jahres] überwunden sein. Die Firmen können dann ihre Aufträge endlich angehen und auch der Export sollte wieder deutlich anziehen.“
03.09.2021 Handwerksverband warnt. Ohne Holz kein Hämmern
09.09.2021 Stockende Lieferketten. Materialmangel trifft Exportnation
06.10.2021 Folge der Lieferengpässe. Weihnachtsfreuden in Gefahr
07.10.2021 Ungünstige Gemengelage. Industrieeinbruch und Baupreisexplosion
25.10.2021 ifo-Index sinkt weiter. Lieferprobleme belasten Firmen immer stärker
Winter 2021/2022: keine Erholung der Lieferkettenkrise
Im Winter korrigieren viele Verbände die Wirtschaftsprognosen nach unten. Die vierte Coronawelle sowie anhaltende Lieferengpässe verschieben die erwartete Erholung bezüglich der Knappheit von Baustoffen nach hinten. Außerdem schließt China aufgrund eines erneuten Corona-Ausbruchs Häfen im eigenen Land und ist damit mitverantwortlich für einen Stau der Frachtschiffe.
Gleichzeitig steigen die Immobilienpreise in Rekordtempo – unter anderem aufgrund von hohen Materialkosten und höheren Bauzinsen. Ursächlich für die Preissteigerungen sind außerdem Lieferengpässe, gestiegene Frachtkosten, die Rücknahme der befristeten Mehrwertsteuersenkung und eine zunehmende Inflation. Dennoch: Die Zahl der Baugenehmigungen steigt – insbesondere bei Zweifamilienhäusern.
14.12.2021 Weniger Wachstum im nächsten Jahr
04.01.2022 Warum die Preise 2022 weiter steigen
10.01.2022 Stärkster Anstieg der Baupreise seit 1970
17.01.2022 Zahl der Baugenehmigungen steigt weiter
20.01.2022 Stau der Schiffe wird immer länger
07.02.2022 Bauen wird noch teurer
14.02.2022 Börsenkurse fallen, Ölpreis steigt
15.02.2022 Omikron und China – ein Fiasko für die Wirtschaft?
15.02.2022 Überhitzung, keine Blase?
25.02.2022 Wie der Krieg auf die Wirtschaft wirkt
Frühjahr 2022: Krisen lassen Preise explodieren
Die energieintensiven Branchen – zu denen auch das Baugewerbe zählt – sind besonders stark von dem rasanten Preisanstieg bei Öl und Gas betroffen. Hersteller von Stahl und Glas fahren ihre Produktion zeitweise herunter. Der Preis für Stahl steigt teils um 50 bis 70 Prozent. Auch die Chemieindustrie, die der Baubranche beispielsweise Dämm-Materialien liefert, ächzt unter den hohen Energiepreisen.
Die Baubranche rechnet inzwischen mit Baustopps. Die Prognose für das Wirtschaftswachstum wird erneut nach unten korrigiert – von 5 Prozent auf 3 Prozent. Die Auftragslage bleibt dennoch ungebrochen gut – insbesondere bei Solaranlagen nimmt die Nachfrage zu.
29.03.2022 Lieferengpässe nach Lockdown befürchtet
02.04.2022 Riesige Nachfrage nach Solaranlagen
05.04.2022 KfW-Programm wird wieder aufgelegt
Im Überblick: Gründe für den Materialmangel im Baugewerbe
Die Ursachen für den Baustoffmangel sind so vielfältig wie komplex. Die globalen Lieferketten sind auch 2022 weiterhin gestört. Es kommt sehr wahrscheinlich immer wieder zu Lieferengpässen bei Baustoffen, das Baumaterial bleibt knapp.
Wie sich die Baubranche laut Studien insgesamt entwickeln wird, erfahren Sie in unserem Artikel „Prognose für die Bauwirtschaft 2022“. Empfehlen möchten wir Ihnen auch unseren Artikel zur Preisentwicklung von Baumaterial sowie Baustoffen im Allgemeinen.