Modulbau

Serielles Bauen als Gamechanger für die Wohnungskrise?

Serielles Bauen bedeutet Bauen in Serie. Fabrikproduktion kann zu einem schnelleren Projektabschluss und einer höheren Qualität beitragen.

Definition: Was bedeutet serielles Bauen?

Serielles Bauen ist in der Wohnungswirtschaft ein anderer Begriff für modulares Bauen. Dabei wird ein Gebäude nicht komplett auf der Baustelle errichtet, sondern die einzelnen Gebäudemodule und Bauteile werden zuvor bereits in einer Fabrik oder anderswo fernab der eigentlichen Baustelle vorgefertigt – ähnlich wie in der Automobilindustrie. Anschließend werden die modularen Bauteile zum eigentlichen Grundstück transportiert und dort zu einem fertigen Gebäude zusammengefügt. Man spricht hier auch von „Prefabrication“ oder von der Bauweise nach dem „Lego-Prinzip“.

Oft wird auch der Begriff „Plattenbau“ synonym für Modulbauten aller Art verwendet, obwohl dieser ursprünglich eine Massivbauweise mit Betonplatten bezeichnete. In der modernen Fertighausproduktion wird insbesondere auf Holzbauteile und Stahlbeton gesetzt.

Wie funktioniert klimagerechtes Bauen?

Geschichte der modularen Bauweise

Die Anfänge des modularen Bauens reichen zurück in die 1920er Jahre, als nach massenkompatiblen Lösungen für bezahlbaren Wohnraum geforscht wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die modulare Bauweise eine erste Hochphase, als beiderseits des Eisernen Vorhangs umfangreiche Wohnsiedlungen aus vorgefertigten Elementen errichtet wurden, um die kriegszerstörten Städte wieder aufzubauen.

In der DDR dominierte bis in die 1980er Jahre der modulare Wohnungsbau als eine kosteneffiziente Form des sozialen Wohnungsbaus, gestützt durch staatliche Programme. Nach der Wende wurden die aus dieser Zeit stammenden „Plattenbauviertel“ oft als Symbole eintöniger Uniformität und sozialer Brennpunkte betrachtet. Diese Form des Bauens hat bis heute mit einem negativen Image zu kämpfen: Identitätslose Städte, die en masse geplant wurden.

Seit der Wohnraumoffensive der Bundesregierung von 2018 erlebt die modulare Bauweise eine Renaissance als strategisches Mittel zur Bekämpfung der Wohnungsnot. Denn: Der Druck auf den Wohnungsmarkt ist enorm, 2024 fehlen bundesweit über 910.000 Wohnungen (Quelle: Deutscher Mieterbund). Die Regierung strebt an, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, ein Ziel, das ambitioniert, aber nicht unerreichbar ist. Laut Daten des Statistischen Bundesamts wurden seit 1950 in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 405.000 neue Wohnungen pro Jahr fertiggestellt.

Fertiggestellte Wohnungen pro Jahr (Infografik)
Besonders in den letzten Jahren wurde das Ziel der Bundesregierung verfehlt.

Die Herausforderungen der letzten Jahre sind vielschichtig: Fachkräftemangel, Materialengpässe, Energiekrise, Probleme in den Lieferketten und steigende Preise durch Inflation. Eine innovative Lösung, die sich diesen Problemen stellt, ist das modulare Bauen. Diese Methode ermöglicht es, bezahlbaren Wohnraum effizient und schnell zu realisieren, indem vorgefertigte Module genutzt werden, die an der Baustelle nur noch zusammengesetzt werden müssen. Dies reduziert die Abhängigkeit von traditionellen Bauressourcen und Arbeitskräften und bietet eine zukunftsorientierte Antwort auf die drängenden Wohnraumfragen unserer Zeit.

Warum modular bauen? – Vorteile & Nachteile

Unterm Strich soll durch die Modulbauweise das Bauen schneller und kostengünstiger werden – und das möglichst ohne Qualitätsabstriche. Wo genau die Vorteile, aber auch die Nachteile gegenüber der konventionellen Massivbauweise liegen, erfahren Sie hier.

Serielles Bauen: Vorteile

Serielles Bauen ist schneller, effizienter und nachhaltiger als die konventionelle Bauweise. Durch die Standardisierung der Bauteile und den Einsatz von Massenproduktionstechniken können Mengeneffekte erzielt und Kosten um bis zu 20 Prozent gesenkt werden. Die Projektlaufzeit kann durchgängig um 20 bis 50 Prozent verkürzt werden (Quelle: McKinsey).

Die Umstellung auf eine modulare Bauweise ist nicht nur für den Modulsektor selbst von Vorteil, sondern auch für den Rest der Bauindustrie. Gleichzeitig hat die Bevölkerung unter weniger Lärm, Schmutz und Behinderungen zu leiden.

Fabriken, die auf automatisierte Produktion setzen, profitieren von präziseren und standardisierten Abläufen, was wiederum zu einer Verringerung der Emissionen führt und somit die Umweltbelastung senkt. Gleichzeitig werden aufgrund des hohen Automatisierungsgrades weniger Fachkräfte benötigt, was gerade in Zeiten akuten Fachkräftemangels von Vorteil ist.

Standardisierung und Kostenstabilität bedeuten insgesamt geringere Baukosten und bringen damit das Potenzial mit, breite Bevölkerungsschichten beim Thema Wohnen zu entlasten. Neben diesem sozialen Aspekt sind folgende Vorteile nicht von der Hand zu weisen:

  • Planungssicherheit, Kalkulierbarkeit und Kostenstabilität: Die Vorfertigung macht es einfacher, Bauzeiten im Vorhinein realistisch einzuschätzen und Prozesse zu optimieren.
  • Qualitätskontrolle: Da viele Elemente des Gebäudes in einer Fabrik hergestellt werden, können bessere Qualitätskontrollen durchgeführt werden. Dies führt zu einer gleichbleibend hohen Qualität der Bauteile und zu weniger Mängeln auf der Baustelle. Gleichzeitig werden die mit einer laufenden Baustelle verbundenen Risiken und Probleme reduziert.
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Modulare Bauelemente können so konzipiert werden, dass sie leicht modifizierbar und wiederverwendbar sind. Dies ermöglicht eine flexible Gestaltung und Anpassung von Gebäuden an sich ändernde Bedürfnisse oder Nutzungen.
  • Nachhaltigkeit: Serielles Bauen kann umweltfreundlicher sein, da es oft mit einer Reduzierung von Bauabfällen und einer effizienteren Nutzung von Materialien einhergeht. Zudem ermöglicht die Präzision der Fabrikfertigung eine bessere Energieeffizienz der Gebäude.

Serielles Bauen: Nachteile

So vielversprechend das Argument der Effizienz auch klingen mag – das serielle Bauen unterliegt auch einigen Grenzen. Folgende Nachteile müssen beim seriellen Bauen berücksichtigt und gegen die Vorteile abgewogen werden:

  • Mangel an gestalterischer Vielfalt: Eine gewisse Eintönigkeit wohnt jeder Serienherstellung inne, auch wenn diese qualitativ hochwertigen Standards entspricht. Mit einem erweiterbaren Katalog lassen sich jedoch trotzdem verschiedene Varianten erzielen und Diversifikation generieren.
  • Knappheit an Bauland: Serielles Bauen kann in der Regel nicht auf beengte Platzverhältnisse reagieren. Die Vorteile von seriellem Bauen lassen sich vorwiegend in Gebieten realisieren, die genügend physischen Raum für solche Projekte bieten. Die Schaffung von Bauland durch den Abriss von noch brauchbaren älteren Gebäuden wirkt sich aufgrund der Energiebilanz bei der Realisierung von Modulbauten tendenziell negativ aus. In Verdichtungsgebieten ist die Anwendung von seriellem Bauen nur eingeschränkt möglich.
  • Fehlende Akzeptanz: Die Angst, dass standardisierte Bauprozesse am Ende wieder zu tristen, gleichförmigen Plattenbau-Siedlungen führen, macht für viele die modulare Bauweise unattraktiv. Umfangreiche Kommunikation über die Vorteile, interdisziplinäre Zusammenarbeit und länderübergreifende Typengenehmigungen sind notwendig, um die Vorbehalte aus dem Weg zu räumen.
Modularer Wohnungsbau
Gleichförmigkeit trifft Individualität: Serielles Bauen bietet beides.

Modulares Bauen – 3 Beispiele aus der Praxis

Das Konzept des modularen Bauens findet zunehmend Anwendung in Bereichen wie dem Wohnungsbau, dem Bau von Schulgebäuden und Krankenhäusern. Im Folgenden werden drei prägnante Beispiele für den Einsatz von modularem Bauen vorgestellt.

Serielles Bauen: Einfamilienhaus in Madrid

Für das Einfamilienhaus in einem abschüssigen Waldstück wählten die Architekten des Architekturbüros de la vega cano lasso eine Bauweise, die teilweise auf vorgefertigten Stahlmodulen basiert. Die Struktur und die Aufteilung der Räume folgen einem modularen Konzept: Zwei der Module sind für die Unterbringung von jeweils einem Schlafzimmer samt dazugehörigem Bad vorgesehen. Ein Verbund aus drei Modulen dient als Bereich für Küche, Essen und Wohnen, während ein weiteres, isoliert stehendes Modul als Büro genutzt wird.

Mehr zu diesem Projekt sehen Sie in folgendem Video (auf Spanisch):

Kindertagesstätten in Modulbauweise in Ulm

In Ulm wurde die Errichtung von vier freistehenden Neubauten mit jeweils drei Gruppen nach dem bauteilbezogenen Passivhaus-Standard gefordert, sowie ein Anbau an eine vorhandene Einrichtung, fertigzustellen bis August 2013. Durch die Entscheidung für eine Holz-Modulbauweise mit wiederholbaren Elementen konnte eine schnelle Planungs- und Bauzeit sichergestellt werden. Die Module wurden komplett mit notwendigen Installationen, Fenstern und Einbauten im Werk vorgefertigt. Nach der Lieferung und dem Zusammenbau der Module an den verschiedenen Standorten konnte die Dachabdichtung, die Holzfassade und der Innenausbau bereits nach einer Bauzeit von nur vier Monaten planmäßig abgeschlossen werden (Quelle: Seidel Architekten).

Neuer Modulbau an der TH Ingolstadt

Ende Januar 2022 wurde in Anwesenheit von Ministerpräsident Dr. Markus Söder und des ehemaligen Wissenschaftsministers Bernd Sibler der Startschuss für den neuen Gebäudekomplex am KI-Mobilitätsknoten in Ingolstadt gegeben. Dieses Projekt, das in einer Rekordzeit von weniger als neun Monaten fertiggestellt wurde, stellt einen wichtigen Meilenstein für die Technische Hochschule Ingolstadt dar. Der Modulbau umfasst Labore, Hörsäle, Seminarräume und Büros sowie ein Zentrum für Gründungsaktivitäten (Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst).

Serielles Bauen – aber wie? Unterstützung gefordert.

Serielles Bauen gewinnt durch die Unterstützung von Unternehmen und Investoren, die bereit sind, erhebliche Summen in diese Projekte zu investieren, zunehmend an Bedeutung.

Gleichzeitig sollte das Ziel, den Wohnungsbau effizienter und kostengünstiger zu gestalten, um neu gebaute Mietwohnungen auch ohne staatliche Förderung für die breite Mitte der Bevölkerung erschwinglich zu machen, nicht aus den Augen verloren werden. Die Forderung nach weiterer Unterstützung unterstreicht die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen zu schaffen, die das serielle Bauen fördern und somit einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Wohnungsnot leisten können.

Staatliche Förderung für serielles Bauen

Die Unterstützung durch die Regierung ist entscheidend für den Erfolg des seriellen und modularen Bauens, um den Herausforderungen im Wohnungsmarkt zu begegnen. Durch verschiedene Unterstützungsmaßnahmen wie finanzielle Zuschüsse, Steuervorteile oder vereinfachte Genehmigungsprozesse werden Bauunternehmen und Investoren motiviert, diese innovative Bauweise zu übernehmen.

Die staatlichen Anreize fördern zudem die Entwicklung neuer Technologien und den Einsatz umweltfreundlicher Baustoffe und tragen damit zu Energieeffizienz und Nachhaltigkeit bei. Diese Strategien sind von großer Bedeutung, um den Wohnungsbau zu revitalisieren und zukunftsfähig zu machen.

In diesem Zusammenhang hat der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW, in Kooperation mit dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, nach dem Erfolg der ersten Rahmenvereinbarung eine aktualisierte Rahmenvereinbarung 2.0 für serielles und modulares Bauen eingeführt. Dazu äußerte sich Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, wie folgt: „Die innovativen Baukonzepte sollen vier Dinge vereinen: Zeitersparnis beim Bau, reduzierte Baukosten, eine hohe architektonische und städtebauliche Qualität sowie die Berücksichtigung baukultureller Belange. Übergeordnetes Ziel muss es sein, dass neu gebaute Mietwohnungen für die Mitte der Bevölkerung wieder bezahlbar werden.“ (Quelle: BMWSB)

Modulares Bauen mit moderner Bausoftware

Durch die Anwendung modernster Bausoftware erfährt das modulare Bauen eine tiefgreifende Transformation. Bluebeam ermöglicht es Planern, Architekten und Bauunternehmern, den gesamten Bauprozess von der Entwurfsphase bis zur Ausführung effizienter und präziser zu gestalten. Jedes Detail und jeder Arbeitsschritt sind in den digitalen Plänen hinterlegt. Das gesamte Tragwerk kann vorproduziert werden: Wände, Deckenplatten, Treppenhäuser.

Die Einbindung von BIM (Building Information Modeling) in diese Prozesse verbessert zudem die Abstimmung zwischen den beteiligten Gewerken, reduziert Planungsfehler und fördert die optimale Nutzung von Ressourcen.

Vorgefertigte Teile eines Hauses
Ein Fertighaus im Holzmodulbau erlaubt einen schnellen Einzug.

Fazit: Serielles Bauen als Megatrend der Zukunft?

Das Konzept des seriellen Bauens hat sich fest etabliert und ist weit über den Status eines bloßen Trends hinausgewachsen. Dennoch ist klar, dass serieller Bau allein nicht die vollständige Antwort auf die akuten Herausforderungen der Wohnungsnot darstellt. Unabhängig davon, ob Gebäude seriell oder nach traditionellen Methoden errichtet werden, müssen Qualität und soziale Aspekte immer an erster Stelle stehen. Dank fortschrittlicher Bausoftware eröffnen sich nun Möglichkeiten, Bauprojekte schneller, kostengünstiger und umweltfreundlicher zu gestalten, was eine vielversprechende Zukunft in der Baubranche verspricht.

Arbeiten Sie effizienter mit Bluebeam.

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