Grüne Baumaterialien für nachhaltiges Bauen

Angesichts der enorm hohen Kohlenstoffemissionen, die das Baugewerbe verursacht, ist sich die Branche bewusst, dass sie ihre Umweltbilanz verbessern muss, und greift deshalb unter anderem vermehrt auf umweltfreundliche Baumaterialien zurück. Holz wird beispielsweise schon seit mehreren Jahrhunderten eingesetzt.

Der verstärkte Einsatz von grünen Baumaterialien, also solche, die als natürlich eingestuft werden, wie Holz, Stein oder Stroh, und von recycelten Materialien wie Kunststoff oder Glas ist Teil der Bemühungen des Baugewerbes, durch nachhaltigeres Handeln dem Klimawandel entgegenzuwirken.

Doch trotz der Anstrengungen der Branche ist diese, sowohl im Hinblick auf den Bau der Gebäude als auch deren Betrieb, zurzeit für 39 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich.

Nicht alle Architekt:innen berücksichtigen grüne Materialien bei ihrer Planung und es entscheiden sich auch nicht alle Bauunternehmen für deren Verwendung. Das Baugewerbe ist insgesamt jedoch aufgrund neuer gesetzlicher Vorschriften, Kundenpräferenzen und Kosteneinsparungen zunehmend auf Nachhaltigkeit ausgerichtet.

Dazu gehört auch die Nutzung grüner Materialien, deren Einsatz in Bauprojekten voraussichtlich zunehmen wird.

Einige Marktprognosen bekräftigen diese Aussage: Der Wert des globalen Marktes für grüne Baumaterialien soll sich zwischen 2021 und 2027 fast verdoppeln – von 280,5 Milliarden US-Dollar (280,5 Milliarden Euro) auf 523,7 Milliarden US-Dollar (523,7 Milliarden Euro), was einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von mehr als 11 % entspricht.

Zu den Vorteilen grüner Baumaterialien in Zeiten des Klimawandels gehören Nachhaltigkeit und die Tatsache, dass diese Materialien nachwachsen.

Die Verwendung von Holz und Bambus

Das offensichtlichste Beispiel für ein solches Material ist Holz.

Holz ist im Wohnbau sehr beliebt. Rund 70 % der Weltbevölkerung leben in Häusern mit einem Holzrahmen. In den USA wurden mehr als 90 % der Flachbauten in der Holzrahmenbauweise errichtet. In Großbritannien liegt die Zahl ebenfalls bei etwa 90 % der Eigenheime und auch einige große Wohnungsunternehmen nutzen diese Bauweise für ihre Häuser.

Bestimmte Baumarten wachsen schnell und verfügen über die passenden physikalischen Eigenschaften für die Verwendung als Baumaterial. Laut Schätzungen einiger Expert:innen bräuchte man 22 Tannen von 25 Metern Höhe, um ein durchschnittlich großes Haus zu bauen. Kiefern sind eine beliebte Wahl, weil sie schnell wachsen.

Weitere grüne Baumaterialien sind Bambus, Stein, Strohballen, Wellerlehm (ein schlammartiges Gemisch aus Erde, Sand, Stroh und Holz), Kork und eine Reihe von recycelten Materialien wie Glas, Altplastik, Dosen und Altreifen.

Bambus ist in Südostasien weit verbreitet und wurde dort früher vorwiegend von Menschen in prekären Lebensverhältnissen genutzt. Angesichts des zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit und der Abholzung der Wälder, die in einigen Teilen der Welt zu einem Mangel an geeignetem Bauholz führt, gewinnt Bambus im Bauwesen wieder an Beliebtheit.

Ein wesentlicher struktureller Vorteil von Bambus liegt in der doppelt so hohen Druckbelastbarkeit im Vergleich zu Beton. Darüber hinaus entspricht die Zugfestigkeit des Materials in etwa der von Stahl.

Die Nutzung von Stein und Stroh

Stein ist robust, besonders nachhaltig und im Überfluss vorhanden: In Großbritannien gibt es beispielsweise 400 Steinbrüche. Zudem ist das Material pflegeleicht, wobei die Meinungen in dieser Hinsicht auseinandergehen. Laut BRE (Building Research Establishment) bieten Strohballen wiederum gute Wärmedämmeigenschaften und sind weitaus umweltfreundlicher als viele andere gängige Baumaterialien. Strohballen eignen sich nach Angaben des BRE als Gefachdämmung für Holzrahmenbauten.

Vor- und Nachteile

Der Bau mit umweltfreundlichen Materialien bietet entscheidende Vorteile, darunter eine langfristige Reduzierung der Projektkosten. Die anfänglichen Baukosten sind zwar höher als bei einem Projekt ohne grüne Materialien, diese Differenz kann einigen Expert:innen zufolge jedoch innerhalb von drei bis vier Jahren amortisiert werden.

Darüber hinaus sind grüne Baumaterialien besser für die Umwelt. Nachwachsende, nachhaltige Ressourcen belasten unseren Planeten deutlich weniger.

Dennoch gibt es einige Nachteile. Die für Bauprojekte geeigneten grünen Materialien müssen verfügbar sein. Einige Rohstoffe sind unter Umständen nur schwer zu beschaffen. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass die Vorlaufzeit aufgrund von Lieferschwierigkeiten sehr lang ist. Dies kann sich auf die Fertigstellung oder den Baubeginn auswirken. Die Suche nach Fachkräften, die Erfahrung im Umgang mit solchen Materialien haben, kann sich ebenfalls als schwierig, wenn auch nicht als unmöglich erweisen.

Trotz der Nachteile und potenziellen Schwierigkeiten setzen sich innovatives, kreatives Denken und tatkräftiges Engagement am Ende durch. Architekt:innen und Bauunternehmen sind daher durchaus in der Lage, vorbildliche Gebäude zu entwerfen, die auch im wortwörtlichen Sinne nicht die Welt kosten.

Beispiele für nachhaltigeres Bauen

Sehen wir uns das Bullitt Center in Seattle im US-Bundesstaat Washington genauer an. Das Bauteam des angeblich grünsten Gebäudes der Welt beschäftigte sich zwei Jahre lang mit der Suche von Produkten, die keine Chemikalien der „Red List“ des International Living Future Institute enthielten. Auf dieser roten Liste stehen z. B. Cadmium, Asbest, FCKW und halogenierte Flammschutzmittel.

Ein weiteres Beispiel ist die Makoko Floating School in Lagos, Nigeria. Das 2013 entworfene und fertiggestellte Bauwerk steht laut Architekt:innen im Zeichen der „sozialen und physischen Bedürfnisse der Gesellschaft angesichts der Auswirkungen des Klimawandels und der raschen Urbanisierung Afrikas“.

Für den Bau der Schule wurden recycelte Plastikfässer, Bambus aus der Region und Holz aus einem örtlichen Sägewerk verwendet.

Beispiel für nachhaltiges Bauen: schwimmende Schule im nigerianischen Lagos

Unser letztes Beispiel ist das „Pixel Building“ in Australien. Das vierstöckige Bürogebäude wurde mit recycelten, nachhaltig beschafften Baumaterialien und einem speziellen kohlenstoffarmen Beton gebaut. Es erhielt die „bestmögliche und bisher beste Bewertung des Green Building Council of Australia“.

Angesichts des weltweiten Klimanotstands und dem daraus resultierenden Bedarf an energieeffizienten und nachhaltigen Baumethoden werden grüne und nachwachsende Materialien auch in Zukunft eine wichtige Rolle auf der Baustelle spielen.

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